Die Kehrseite des Cashew-Booms
In Entwicklungsländern wird die Produktion der Nüsse zum Gesundheitsrisiko.
Ob als Milch- und Käseersatz für Veganer, zum Knabbern oder Kochen – Cashew-Nüsse boomen. Reich an Mineralstoffen, Vitaminen und Eiweiß hat sich die Nachfrage nach den Nüssen in der EU zwischen 2012 und 2016 verdoppelt. Während der Lebensmittelhandel die Exoten bei uns als Gesundheitselixier, als sogenanntes Superfood, vermarktet, wird die Produktion für Arbeiter in Entwicklungsländern jedoch zum Gesundheitsrisiko.
Die weißen Kerne müssen arbeitsintensiv aus der Cashewfrucht gewonnen werden. Dazu wird die nierenförmige Frucht zumindest einige Tage getrocknet und danach gedämpft, bevor sie aufgeschnitten und der CashewKern mit einem Messer herausgelöst wird. Ein gefährlicher Vorgang: Das Öl der Fruchtschale ist giftig. Der Hautkontakt beim Schälen und das Einatmen der Dämpfe beim Aufweichen der Schale kann Ausschläge, Blasen, Augenirritationen und Atembeschwerden hervorrufen.
Doch Schutzkleidung ist in den Cashew-verarbeitenden Nationen meist Mangelware. Die Menschen arbeiten für einen Hungerlohn, sind nicht versichert. Noch auf den Feldern sind sie giftigen Pestiziden und Insektiziden ausgesetzt. 2011 sorgte die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch mit einem Bericht für Aufsehen: Vietnam versklave Drogenabhängige und lasse sie in als Entziehungskliniken getarnten Arbeitslagern Cashews verarbeiten. Schläge, Elektroschocks, Isolationshaft, Wasser- und Nahrungsentzug stünden an der Tagesordnung. „Blut-Cashews“nannte „Time“die Nüsse aus Vietnam daraufhin.
Der globale Wettkampf um die Cashew-Vormacht ist hart: Vietnam hat Indien jüngst vom Thron gestoßen und sich zum weltgrößten Exporteur von gerösteten Cashews gemausert. Der Erfolg der Asiaten beruhte auf der Ausbeutung der afrikanischen CashewKammern wie der Elfenbeinküste, Tansania oder Guinea-Bissau. Exportkontinent Afrika. Zwar bauen auch Indien und Vietnam die Bäume an, doch etwa zwei Drittel der Roh-Cashews kommen aus Afrika. Der billige Schiffstransport machte es möglich: Afrikanische Staaten exportieren einen Großteil der ungeschälten Cashews nach Asien, wo sie weiterverarbeitet werden. Damit verdienen Afrikas Bauern am wenigsten an der Produktion. Die Regierungen versuchen nun mit Exportverboten und Zöllen gegenzusteuern. Die eigentlichen Profiteure aber sitzen wie so oft in den Industriestaaten: Der Handel und schnäppchenjagende Konsumenten.