Die Presse am Sonntag

»Was glauben Sie, was passiert, wenn ich das den Spielern sage?«

Warum Salzburg-Trainer Marco Rose nicht in der deutschen Bundesliga gelandet ist – und wie er dem Thema Champions league begegnet.

- VON CHRISTOPH GASTINGER

Nach dem Debakel der vergangene­n Saison (7.) hält man sich in Favoriten mit Kampfansag­en zurück. Weil die neue Generali-Arena ausgerechn­et in der Premierens­aison keine internatio­nalen Spiele sehen wird, muss das Minimalzie­l aber der Europacup sein. Das erklärte auch Trainer Thomas Letsch. Das obere Play-off ist also Pflicht für den Deutschen, der im Gegensatz zum entlassene­n Sportdirek­tor Franz Wohlfahrt weiterhin das Vertrauen der Klubführun­g genießt.

Auch die Wiener mussten Abgänge verkraften, allen voran Raphael Holzhauser. Neuzugänge wie Thomas Ebner könnten aber die bitter benötigte Stabilität bringen. Allerdings: Das violette Lazarett ist bereits wieder mit bedrohlich vielen Leistungst­rägern gefüllt. Der Vorarlberg­er Werner Grabherr ist mit 32 Jahren der jüngste Trainer der Bundesliga, coacht aber den ältesten Kader. Im internatio­nalen Vergleich sind die Altacher mit im Schnitt 25,8 Jahren aber eine junge Truppe, und für die Spieler sei Grabherrs Alter ohnehin kein Problem, erklärt der einen Monat jüngere Kapitän, Philipp Netzer.

In der Vorsaison reichte es für Platz sieben, dieses Mal ist wie bei vielen Teams der Einzug ins obere Play-off das Ziel. Wenn nicht, wäre das aber auch kein Beinbruch, heißt es aus dem Ländle. Mit Oldie Hannes Aigner, 37, ist Altachs bester Torschütze der Vorsaison wieder mit von der Partie. Alle Augen sind auf den 40-jährigen Christian Ilzer gerichtet, der sein Trainerdeb­üt in der Bundesliga gibt. Der frühere Hartberg-Coach beerbt Heimo Pfeifenber­ger und muss im Lavanttal einen Umbruch gestalten. 15 Spieler haben den Neunten der Vorsaison verlassen, mit Ilzer wollen die Kärntner aber die Chance auf einen Neuanfang nutzen. Immerhin kehrt Michael Liendl von Twente Enschede zurück, Linksverte­idiger Lukas Schmitz bringt die Erfahrung von über 100 Partien in der deutschen Bundesliga mit. Das obere Play-off wäre dennoch eine große Überraschu­ng. Das juristisch­e Geplänkel ist vorüber, das Neutrale Schiedsger­icht hat die Klage von Wr. Neustadt gegen die Beglaubigu­ng des Relegation­srückspiel­s abgelehnt. St. Pölten, der Tabellenle­tzte der Vorsaison, kann sich also wieder auf das Sportliche konzentrie­ren. Und das wird schwer genug. Zwar hat Coach Didi Kühbauer die vergangene Saison mit drei Siegen in Folge beendet, zuvor hatten die Niederöste­rreicher aber überhaupt nur zwei Erfolge eingefahre­n. Mit dem Klassenerh­alt sei man zufrieden, heißt es aus St. Pölten. Das Eröffnungs­spiel dieser Saison bei der Austria könnte richtungsw­eisend sein für den Aufsteiger. In der zweiten Liga präsentier­ten sich die Tiroler souverän, gelingt auch der Auftakt im Oberhaus, steht einer Überraschu­ng nichts im Wege. Das Potenzial ist vorhanden: Schlüssels­pieler Florian Jamnig zog zwar den Lask vor, ansonsten hat man sich aber durchaus verstärkt.

Mit Innsbruck kehren nicht nur der Tivoli und ein Stück heimischer Fußballges­chichte in die Bundesliga zurück, sondern auch Trainer-Urgestein Karl Daxbacher. Das Motto der Tiroler: Gekommen, um zu bleiben. Die Steirer gehen mit dem preiswerte­sten Kader ins Rennen. Anders als bei Innsbruck gab es in Hartberg viele Zuund Abgänge, den Schwung aus der Aufstiegss­aison mitzunehme­n, dürfte entspreche­nd schwerfall­en. Mit Markus Schopp hat zudem ein neuer Trainer das Sagen, auch das Stadion wurde neu adaptiert. Die Vorfreude auf die Mission Klassenerh­alt ist groß, zum Auftakt wartet gleich ein steirische­s Derby bei Vizemeiste­r Sturm Graz. Von den Leistungst­rägern der Vorsaison haben bislang nur Valon Berisha (Lazio Rom) und Duje ´Caleta-Car (Marseille) den Verein verlassen. Sind Sie selbst etwas überrascht darüber, dass Ihnen, Stand jetzt, nicht mehr Spieler abhanden gekommen sind? Marco Rose: Bis jetzt ist tatsächlic­h noch nicht viel passiert, aber das Transferfe­nster ist noch ein Stück weit offen (bis 31. August, Anm.). Niemand weiß, was noch passiert. Ich bin vorsichtig mit Prognosen, die später vielleicht nicht eintreten. Aber unser Ziel war es und ist es, die Mannschaft weitestmög­lich zusammenzu­halten. Und wenn wir Jungs abgeben, dann müssen wir sie bei den Zielen, die wir verfolgen, eben adäquat ersetzen. Man hätte glauben können, dass auch Sie nach Salzburgs erfolgreic­hster Saison in der Vereinsges­chichte den nächsten Schritt machen möchten. Was ist es, was Sie hier noch antreibt? Vieles. Mir steht in Salzburg eine super Mannschaft zur Verfügung, wir arbeiten unter Topbedingu­ngen. Ich glaube, das findet man nicht so oft. Verhallen Lockrufe aus der deutschen Bundesliga denn wirklich so schnell? Ich habe sie vernommen, aber Red Bull Salzburg hat mir relativ schnell und deutlich signalisie­rt, dass man mich nicht abgeben möchte. Also haben wir uns darüber unterhalte­n, wie es weitergehe­n kann – und nach guten Gesprächen bin ich letztlich auch sehr gern geblieben. Ich bin mit 100 Prozent bei der Sache. Ist Ihre gegenwärti­ge Mannschaft besser als jene, die Sie vor einem Jahr übernommen haben? Das Gros der Spieler ist nun um ein Jahr reifer und erfahrener. Ob wir weiter sind als vor einem Jahr oder weniger weit, wird sich in den ersten Pflichtspi­elen zeigen. Wir sind auf einem guten Weg, haben eine gute Vorbereitu­ng absolviert. Und ein Vorteil ist nicht von der Hand zu weisen: Wir konnten die Spieler, was das spezifisch­e Training betrifft, an einem ganz anderen Punkt abholen, weil wir schon ein Jahr zusammen sind. Weil wir genau wissen, was wir spielen wollen und was wir voneinande­r verlangen können. Viele Spieler haben mittlerwei­le gewisse Automatism­en verinnerli­cht, wir sind in der Entwicklun­g also schon weiter und können uns verstärkt darauf konzentrie­ren, die Neuzugänge zu integriere­n. Salzburg hat mit Spielweise und Qualität internatio­nal einige Gegner wie etwa Borussia Dortmund gewiss etwas überrascht. Ist

Marco Rose

wurde am 11. September 1976 in Leipzig geboren.

Aktiver

Als stand der Linksverte­idiger bei VfB Leipzig, Hannover 96 und Mainz 05 unter Vertrag. In der deutschen Bundesliga kam Rose auf 65 Einsätze (drei Tore).

Trainerkar­riere

Seine begann Rose in Mainz (Ko-Trainer), danach war er ein Jahr Cheftraine­r bei Lokomotive Leipzig, ehe er in Salzburg andockte, um dort die U16 zu betreuen. Nachdem Thomas Letsch, heute Coach der Wiener Austria, Trainer von Liefering geworden war, wechselte Rose als sein Nachfolger zur U18. Im April 2017 gewann der Deutsche die Uefa Youth League, die Champions League der Jugendmann­schaften. Im Juni 2017 wurde Rose zum der Kampfmanns­chaft befördert, nachdem Oscar´ Garc´ıa Salzburg verlassen hatte. Im ersten Jahr unter Rose (Vertrag bis 2020) wurde das Team erneut Meister und erreichte das Halbfinale der Europa League.

Cheftraine­r

dieser Vorteil des Überraschu­ngseffekts nun pass´e? In Wahrheit überrasche­n wir niemanden mit unserer Spielweise, aber für den Gegner fühlt es sich immer wieder schwierig an, uns zu bespielen. Uns spielen zu sehen, ist das eine. Es aber dann auch zu fühlen, ist das andere. Wir wollen flexibel sein, aber wir werden unseren Fußball nicht neu erfinden. Er macht uns erst so erfolgreic­h. Sie werden auf der Torhüterpo­sition rochieren. Cican Stankovic (25) wird in der Bundesliga spielen, Alexander Walke (35) im Cup und internatio­nal. Birgt die fehlende Spielpraxi­s Walkes nicht Gefahren? Loris Karius hat für Liverpool vergangene Saison etwa 60 Spiele gemacht, ehe er im Champions-League-Finale danebengeg­riffen hat. Wie man es macht, macht man es falsch. Wenn es aber funktionie­rt, sagen alle: Coole Nummer. Wir sind überzeugt davon, dass es funktionie­rt. Salzburg nimmt im August den elften Anlauf zur erstmalige­n Qualifikat­ion für die Champions-League-Gruppenpha­se. Ist das Thema Königsklas­se nach dem sechsten, siebenten, achten Scheitern nicht irgendwann zur Kopfsache geworden? Das glaube ich nicht. Ich glaube, es ist vielmehr die Art und Weise, wie knapp der Verein manchmal schon gescheiter­t ist, die Pfeffer in die Geschichte bringt. Wir werden es diesmal wieder probieren, mit allem, was wir haben. Aber wie begegnen Sie bei diesem Thema Ihren Spielern, was werden Sie Ihnen sagen? „Vergesst einfach, was schon alles passiert ist, es zählt nur das Hier und Jetzt“? Was glauben Sie, was passiert, wenn ich Ihnen das sage? Dann denken Sie erst recht an die Vergangenh­eit. Also machen wir es einfach nicht. Das werden wichtige Spiele für uns, wir wollen uns für die Champions League qualifizie­ren – und wir wollen Leistung bringen. Über die Leistung wird sich auch das richtige Ergebnis einstellen. Ist Salzburg in der Zwölfer-Liga inklusive neuem Spielmodus nun eher von Platz eins zu verdrängen, weil allein durch die Punkteteil­ung alles enger zusammenrü­ckt? Es ist ein neuer Modus, ein spannender Modus. Es kann vorkommen, dass Red Bull Salzburg einen schlechten Herbst oder ein schlechtes Frühjahr spielt, dann profitiere­n wir vielleicht vom neuen Modus. Wir sind alle gespannt, wollen aber erst einmal ein Gefühl für dieses Format entwickeln.

 ?? APA ?? Keine guten Nachrichte­n für die Konkurrenz: Die Salzburger Meistertru­ppe ist beinahe dieselbe geblieben.
APA Keine guten Nachrichte­n für die Konkurrenz: Die Salzburger Meistertru­ppe ist beinahe dieselbe geblieben.
 ??  ?? Es gibt also keinen Grund, etwas zu ändern.
Es gibt also keinen Grund, etwas zu ändern.

Newspapers in German

Newspapers from Austria