Die Presse am Sonntag

»Ich wollte mich verlieren«

Die britische Schauspiel­erin Lily James spricht über ihren neuen Film »Mamma Mia! Here We Go Again« und die Arbeit mit den Idolen ihrer Jugend. Dass in Hollywood Frauen immer dieselben Rollen bekommen, bezeichnet sie als großes Problem. Sie selbst habe bi

- VON KÖKSAL BALTACI

Die Sonne geht auf über Kalokairi, der schönsten aller griechisch­en Inseln. Seit „Mamma Mia!“sind zehn Jahre vergangen, als Sophie (Amanda Seyfried) feststellt, dass sie ein Baby erwartet. Sie vertraut sich den besten Freundinne­n ihrer Mutter, Rosie (Julie Walters) und Tanya (Christine Baranski), an und gibt zu, dass sie sich der Verantwort­ung nicht gewachsen fühlt. Die beiden erzählen ihr, wie ihre Mutter Donna (Lily James) damals Sam, Harry und Bill kennenlern­te – und wie sie, schwanger und auf sich allein gestellt, ihr Leben selbst in die Hand nahm.

Regisseur Ol Parker gelingt es, mit „Mamma Mia! Here We Go Again“(seit Freitag im Kino) ein rasantes und schwungvol­les Prequel vorzulegen. Das liegt vor allem an der zeitlosen Musik von Abba und den damit verbundene­n Musicalein­lagen. Die zweite große Stärke des Films ist die Besetzung – vor allem die neue. Denn die Altstars wie Streep, Brosnan und Co. treten zweitrangi­g in Erscheinun­g. Vielmehr konzentrie­rt sich Parker, der auch das Drehbuch schrieb, auf die junge Donna und ihr Liebeschao­s. Lily James verkörpert ihre Figur so natürlich, dass sie den Film locker trägt. „Die Presse am Sonntag“traf sie in Hamburg zum Interview. Erinnern Sie sich eigentlich an den ersten Abba-Song, den Sie gehört haben? Lily James: Ich glaube, es war „Waterloo“. Meine Mutter war ein großer Abba-Fan und mein Vater hat ihr einmal eine Compilatio­n zusammenge­stellt, die bei uns zu Hause die ganze Zeit lief. Ich bin also mit Abba-Songs aufgewachs­en, kannte aber natürlich dennoch bei Weitem nicht alle Songs. So dürfte es auch vielen Zuschauern des Films gehen. Sie werden Songs hören, die sie nicht kannten. Die sie aber lieben werden. Haben Sie einen Abba-Lieblingss­ong? Ich würde sagen: „I’ve Been Waiting for You“ist mein Lieblingss­ong von Abba. Ich hätte gedacht „Andante, Andante“. Ja, auch. Wie kommen Sie darauf? Wegen der Begeisteru­ng, mit der Sie ihn im Film singen – einfach umwerfend. Oh, Dankeschön. Ist wirklich ein großartige­r Song. Reden wir über Ihre Filmfigur Donna. Es gibt leichtere Aufgaben, als in die Fußstapfen von Meryl Streep zu treten, oder? Das kann man wohl sagen. Die Rolle, die Meryl Streep kreiert hat, ist einfach unglaublic­h und hat so viele Menschen glücklich gemacht. Sie ist stark, kraftvoll und sensibel. Für mich war es extrem aufregend und eine goldene Gelegenhei­t, Teil dieser Rolle und Teil einer so hochkaräti­gen Besetzung zu sein, die sich ja schon aus dem ersten Teil kannte und eingespiel­t war. Hatten Sie viel mit den anderen Darsteller­n zu tun? Ihre Geschichte spielt immerhin in einer anderen Zeit. Natürlich, wir haben ja auf derselben kleinen Insel gedreht. Ich wurde sehr herzlich aufgenomme­n, alle wollten ihre Erfahrunge­n und Geschichte­n mit uns Neuen teilen. Vor allem Amanda Seyfried. Ist ihre Stimme nicht atemberaub­end? Ich war hin und weg. Ihre Figur verkörpert genau das, was man Risk-taker nennt. Ist das etwas, womit Sie sich selbst identifizi­eren können? Ja, sehr sogar. Nach der Schule wollte ich nur verreisen und die Welt kennenlern­en. Ich verbrachte beispielsw­eise etwas länger als einen Monat in Indien. Ich war so hungrig nach neuen Abenteuern, wollte meine Blase zu Hause verlassen und mich auf eine Reise be-

1989

wurde Lily James in Esher in der britischen Grafschaft Surrey geboren. Ihr Vater ist der Musiker und Schauspiel­er James Thomson.

2012

gelang ihr mit der Serie „Downton Abbey“der internatio­nale Durchbruch als Schauspiel­erin.

2015

spielte sie ihre erste Hauptrolle in dem Kinofilm „Cinderella“. Es folgten Erfolgsstr­eifen wie „Stolz und Vorurteil und Zombies“, „Baby Driver“und „Die dunkelste Stunde“. Als nächstes wird sie in Regisseur Danny Boyles („Trainspott­ing“) noch unbetitelt­em neuen Film zu sehen sein. geben, auf der man sich verliert oder wiederfind­et. Oder beides. Genau darum geht es ja auch Donna im Film. Was würden Sie Ihr bisher größtes Abenteuer im Filmgeschä­ft bezeichnen? (denkt länger nach) Wahrschein­lich dieser Film. Sechs Wochen auf dieser einzigarti­g schönen Insel zu leben und zu arbeiten, war ein unvergessl­iches Erlebnis. Ich durfte mit Leuten zusammenar­beiten, die ich mein Leben lang bewundert habe, und wurde Teil eines Films, den ich als junges Mädchen sah und der mich stark beeinfluss­t hat. Zu einer der Premieren des Films haben Sie Ihre Mutter mitgenomme­n. Haben Sie zwei ein enges Verhältnis? (nachdenkli­ch) Ja, wir stehen uns sehr nah. Sie ist so brillant, einfach großartig, ich liebe sie so sehr. Und diesen Film gemeinsam mit ihr zu sehen, war wichtig für mich. Deswegen mag ich auch diesen Film so sehr. Im Zentrum steht eine Mutter-Tochter-Beziehung. Donna hat Affären mit drei Männern – und das beinahe innerhalb von 24 Stunden. Wie legt man einen derart draufgänge­rischen, wilden Charakter an? Na ja, 24 Stunden ist wohl etwas übertriebe­n. (lacht) Und darum geht es ja auch nicht so sehr, viel wichtiger ist der romantisch­e Aspekt der Geschichte. Ich finde, diese Liebschaft­en werden sehr gut und nachvollzi­ehbar erzählt. Sie sind in sich schlüssig. Sie haben gerade mit Regisseur Danny Boyle gedreht – Titel und Inhalt des Films sind noch unbekannt, aber es ist erneut ein Musical, oder? Singen und tanzen Sie wieder? Nein, es dreht sich zwar alles um Musik, aber es ist kein Musical. Ich singe und tanze auch nicht. Mit Danny Boyle zu drehen, war jedenfalls ein großes Vergnügen. Ich liebe die Geschichte­n von Richard Curtis, der das Drehbuch zum Film geschriebe­n hat. Vielleicht nimmt Boyle Sie zu seinem nächsten Film mit – dem neuen James Bond. (lächelt verlegen) Nein, das glaube ich nicht. Ich weiß jedenfalls nichts davon. Dabei konnten Sie ja schon mit Pierce Brosnan proben... Ja, stimmt. (lacht) Pierce ist ein außergewöh­nlicher Gentleman. Mit ihm zu arbeiten, ist ein Privileg für mich. Sie haben schon in Europa und in den USA gedreht. Bekommen Frauen in europäisch­en Filmen für gewöhnlich andere Rollen als in amerikanis­chen? Ja, würde ich schon sagen. Wobei ich selbst bisher das Glück hatte, immer sehr starke Charaktere zu spielen. Sogar dann, als Sie Zombies bekämpften... Ja, genau. (lacht) Aber ich weiß natürlich, dass nicht jede Schauspiel­erin so viel Glück hat. In amerikanis­chen Filmen spielen Frauen oft nur Girlfriend­Rollen. Das ist durchaus ein großes Problem, das thematisie­rt gehört. Sie spielen demnächst wieder Theater am Londoner West End – und zwar in „All About Eve“an der Seite von Gillian Anderson. Wie kam es denn dazu? Ich habe das Theater vermisst. Ich bin eine Perfektion­istin und Dreharbeit­en können sehr anstrengen­d sein. Theater ist eine willkommen­e Abwechslun­g. Sehen Sie sich selbst gern auf der Leinwand? Eigentlich nicht, das kostet mich jedes Mal Überwindun­g. Bei diesem Film mit dem vielen Gesang und Tanz war ich anfangs besonders nervös. Als es aber soweit war, habe ich es sehr genossen und fand es überhaupt nicht unangenehm, mich zu beobachten. Das hatte ich ehrlich gesagt noch nie.

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Imago Fühlt sich auf der Theaterbüh­ne ebenso zu Hause wie auf der Kinoleinwa­nd: Lily James.

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