Donald, der Zar und echte Fake News
In satirischer Form macht sich »The New York Times« über US-Präsident Trump lustig und produziert ein falsches Protokoll seines Gesprächs mit Russlands Staatschef Putin. Dass der US-Sender Fox auf Distanz geht, überrascht ihn wohl mehr.
Der New Yorker ImmobilienHai Donald Trump hat im November 2016 wahrscheinlich auch deshalb die Wahl zum US-Präsidenten gewonnen, weil er nicht nur die demokratische Kandidatin Hillary Clinton aufs heftigste mit erfundenen Wahrheiten attackierte, sondern auch die liberalen Medien. Bis heute wirft er ihnen wie ein Mantra vor, „Fake News“zu produzieren, vor allem, wenn er in der Defensive ist. Gegen solche bevorzugt auf Twitter produzierte Verfremdungen ist kaum etwas zu machen, sie finden ihre willigen Abnehmer. Immerhin stehen nach aktuellen Umfragen solide 40 Prozent der Wähler zu Trump. Im Zweifelsfall sind leider oft die Boten schuld an der schlimmen Nachricht. Ihre Exzellenz! Doch nach Trumps Gipfeltreffen mit Russlands Staatspräsidenten Wladimir Putin, das zu den bizarrsten Auftritten eines Politikers der Neuzeit zählt, scheint sich im Verhältnis der Qualitätspresse zu ihm etwas Wesentliches geändert zu haben. Das Imperium schlägt zurück und produziert tatsächlich Falschnachrichten, die Trumps schlimmste Befürchtungen übertreffen. „The New York Times“, die für Leser jenseits des reaktionären Blocks in den USA zum Seriösesten zählt, das Journalismus bieten kann, publizierte am Wochenende auf der Meinungsseite das angebliche Transkript des Vier-Augen-Gesprächs zwischen den Präsidenten: „When Donald Met Vladimir“lautet der Titel dieser Persiflage des Kolumnisten Bret Stephens. Sie ist so abenteuerlich, dass man sie für echt halten könnte. Trump spricht Putin mit „Ihre Exzellenz“an, der begrüßt ihn als Donald. Der USPräsident entschuldigt sich dann servil für seine Attacke auf Angela Merkel, weil Deutschland mit Russland Öl-Geschäfte macht. Putin hingegen ist ent- zückt: Das sei doch ein kluger Schachzug gewesen, denn wenn ausgerechnet Donald das Pipeline-Projekt kritisiere, treibe das selbst Gazprom-Gegner in Berlin dazu, den Öl-Deal zu unterstützen. Aus Prinzip und aus Nationalstolz.
In einer Serie falscher Aussagen werden die tatsächlichen diplomatischen Schwächen des US-Präsidenten enthüllt – etwa seine Angriffe auf die Geheimdienste, sein Erfinden imaginierter Feinde, seine außenpolitische Ignoranz, seine aggressive Strategie gegenüber Europa, die Moskau in die Hände spielt. Putin entstellt ein Zitat von Lincoln: „Wenn du die unabhängigen Medien diskreditieren und staatliche Medien kontrollieren kannst, wenn du genug ,dezinformatsiya’ in die sozialen Medien injizieren kannst, dann kannst du fast alle Menschen die ganze Zeit zum Narren halten. Den Rest bringst du um.“Am Ende lädt sich Putin selbst nach Washington ein, weil er dort die „gemeinsamen Ziele“verteidigen wolle. Mal sehen, ob er tatsächlich kommt und dem desorientierten Donald beim Regieren hilft. Rechte Attacke. Aber nicht nur das Weltblatt aus New York macht inzwischen verstärkt mobil gegen Trump (im Blatt gibt es von Kolumnist Frank Bruni unverhohlen einen Appell an die Leser, sich im November bei den Zwischenwahlen zu beteiligen – „every voter counts“), sondern die Kritik am Präsidenten rückt viel näher zum Herzen der Republikaner. Bei Fox-News, dem Leibsender Trumps, ging man nach Helsinki spürbar auf Distanz zu Trump, als sich immer mehr Politiker der Republikaner negativ über seinen Gipfel-Auftritt äußerten: „So gewinnt man nicht gegen Russland“, meinte etwa Kommentator Douglas E. Schoen.
Und John Roberts, Chefkorrespondent des konservativen Senders fürs Weiße Haus, hatte Trump bereits zuvor für den rüden Umgang mit Journalisten von CNN und NBC kritisiert. Der Präsident habe sich unfair verhalten, wenn er diese TV-Anstalten als Fake News bezeichne. Das ist für Fox fast revolutionärer Widerstand. Wer weiß, wie lang das anhalten wird.