Die Presse am Sonntag

Gar nicht so verstaubt

In Bamberg funktionie­rt der Antiquität­enhandel noch. Für die Antiquität­enwochen wird die Nähe zu den Bayreuther Wagner-Festspiele­n genützt.

- VON EVA KOMAREK

In der mittelalte­rlichen Domstadt Bamberg scheint die Zeit stehen geblieben zu sein. In der historisch­en Altstadt mit den denkmalges­chützten Häusern findet man beim Flanieren zahlreiche Auslagen von Kunsthandl­ungen, die alte Kunst und Antiquität­en anbieten. Ein Anblick, der im Stadtbild heute sonst kaum noch zu sehen ist. Denn die Alte Kunst ist auf dem Markt rückläufig. Die Zeiten, in denen sich Sammler ganze Häuser oder Wohnungen mit Antiquität­en eingericht­et haben, sind lang vorbei. Die zeitgenöss­ische Kunst läuft Antiquität­en, Alten Meistern und Kunsthandw­erk zunehmend den Rang ab. Lange Tradition. Bamberg ist diesbezügl­ich anders. Im Umkreis von 500 Metern liegt unterhalb des Domberges das Antiquität­enviertel. Die Stadt blieb im Zweiten Weltkrieg weitgehend verschont und damit nicht nur die Häuser, sondern auch die Einrichtun­gen. So war viel Ware vorhanden. Gleichzeit­ig gab es eine starke Kaufkraft durch den amerikanis­chen Stützpunkt, und Amerikaner hatten Freude an Antiquität­en. Diese Tradition ist bis heute erhalten geblieben. Doch um langfristi­g überleben zu können, bedarf es heute auch in Bamberg mehr Anstrengun­g. Deshalb haben die Händler die Kräfte gebündelt und vermarkten sich gemeinsam. Objekte aus sieben Jahrhunder­ten. Sie nützen die weltbekann­ten WagnerFest­spiele im benachbart­en Bayreuth, die internatio­nale Klientel in die Region bringt, und veranstalt­en vom 23. Juli bis 23. August die Bamberger Kunst- und Antiquität­enwochen. In den Geschäften, die während der Festspielz­eit auch an den Wochenende­n durchgängi­g geöffnet haben, wird die neueste Ware angepriese­n. Geboten werden Kunst, Antiquität­en und Kunsthandw­erk aus sieben Jahrhunder­ten. Vieles hat hochkaräti­ge Qualität, einiges regionalen Charme, und dazwischen findet man auch manch Kurioses. Insgesamt genießt der Bamberger Kunsthande­l einen guten Ruf.

Zu den internatio­nal anerkannte­n Bamberger Händlern gehört Walter Senger. Er ist langjährig­er Aussteller bei der wichtigste­n internatio­nalen Kunst- und Antiquität­enmesse, der Tefaf in Maastricht, sowie auf der Masterpiec­e in London und der Cologne Fine Art. Bei den Kunst- und Antiquität­enwochen zeigt er in seinem Gewölbekel­ler gotische Skulptur, wie etwa eine Figur aus Lindenholz des Apostels Pe- trus, um 1500 aus Nürnberg. Das Werk stammt angeblich aus dem Umkreis des Bildhauers Veit Stoß. Doch Senger hat auch andere Schätze in seinem Laden, wie beispielsw­eise ein seltenes historisch­es Klavier von David Roentgen und Peter Kinzing aus dem Jahr 1784. Roentgen war einer der begnadetst­en Ebenisten und Kabinettma­cher seiner Zeit und Kinzing ein bekannter Uhrmacher und Feinmechan­iker. Gemeinsam schufen sie ein Hammerklav­ier, das damals eine technische Innovation war. Das Klavier ist Teil einer kleinen Serie exklusiver Instrument­e, die für den europäisch­en Hochadel bestimmt waren.

Ebenfalls Roentgen-Möbel, in dem Fall von David Roentgens Vater Abraham, der auch der Gründer der berühmten Roentgen-Möbelmanuf­aktur war, findet man bei Christian Eduard Franke. Ein Klapptisch mit sehr frühen Blumeninta­rsien ist zudem eines der am aufwendigs­ten gearbeitet­en Stücke, die im Händlerang­ebot zu finden sind. Franke hat auch das ausgefalle­nste Exponat, ein sehr seltenes Miniaturkr­uzifix, Süddeutsch aus dem 16. Jahrhunder­t. Das Haus Wenzel ist die älteste Kunsthandl­ung der Stadt und wird heute von Matthias Wenzel geführt. Er bietet Möbel des 17. bis 19. Jahrhunder­ts sowie Skulpturen, darunter einen geflügelte­n Renaissanc­e-Engel.

Die Bamberger Händler ziehen bei der Vermarktun­g an einem Strang.

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Oliver Giel Das Angebot in Bamberg umfasst u. a. Antiquität­en, Silber, Uhren und Gemälde.

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