Tierische Tunnelkühlung
Heikle Zufluchtsorte für Rentiere in Norwegen.
Auch der Norden Skandinaviens inklusive Finnland ächzt unter der Hitze, und zwar bis weit über den Polarkreis (66,57 ° Nord) hinaus. Das geht so weit, dass Berichte aus dem gebirgigen Nordnorwegen eintrudeln, wonach Schafe und Rentiere Schutz in den zahlreichen Autotunneln suchen.
Da der Verkehr in der dünn besiedelten Region mäßig ist, wagen sie sich in die düstere Kühle – und riskieren, dann doch von vereinzelten Autos oder Lkw überfahren zu werden. Zuletzt warnte sogar das Wegeamt die Bevölkerung: „Die Rentiere legen sich in den Tunnel an den Seitenplanken auf den Boden. Vor allem an den Tunneleingängen ist Wachsamkeit geboten. Wenn man auf ein Tier stößt, ist es wichtig, anzuhalten und die Warnblinker einzuschalten, um andere Autofahrer zu warnen“, sagte Tore Lysberg vom norwegischen Wegeamt.
„Seit 10. Juli haben wir bereits 44 angefahrene Rentiere und Schafe registriert“, sagt Inger Anita Øvregard,˚ Chefin der aus 14 Personen bestehenden nordnorwegischen Rentierpolizei „Reinpolitiet“. Hinter dem sonderbaren Namen steckt eine Spezialeinheit, deren Auftrag es seit ihrer Gründung 1949 ist, die Rentierwirtschaft der indigenen samischen Minderheit zu beschützen und bei Streitigkeiten zu vermitteln – etwa, wenn sich Rentierher- den verschiedener Eigentümer vermengen. Meldungen von Weidetieren, die den Verkehr stören, trafen zuletzt aus ganz Nordnorwegen bei der Polizei ein. Kürzlich krachte ein Motorradfahrer in ein Schaf, das sich im Sjonstitunnel in der Region Helgeland abkühlte.
Wenn man Meldungen über Tiere in Tunneln erhalte, kontaktiere man den jeweiligen Bezirk, um sie aus dem Tunnel zu holen, sagt Øvregard.˚ Autofahrer seien übrigens verpflichtet, gefährdeten oder verletzten Weide- und Wildtieren zu helfen. „Es ist alles wegen der Hitzewelle“, bestätigt man seitens des Wegeamtes der „Presse am Sonntag“. „Es kam zwar immer vor, dass sich Rentiere, Schafe und Ziegen in Tunneln verirrten, aber heuer ist es extrem.“ Schwitzender Weihnachtsmann. Dabei haben die Nordmänner doch eh leicht lachen: Die Temperaturen stiegen bloß in den oberen 20er-Bereich, selten knapp über 30. In der nordnorwegischen Hafenstadt Tromsø hatte es am 29. Juli 28,6 Grad, es kühlte aber wieder auf unter 20 Grad. In Umea (Schweden) hatte es nach einer Hitzespitze am 18. Juli mit 31 Grad am Freitag und Samstag um die 26 Grad, im finnischen Rovaniemi bis zur Wochenmitte 29 Grad – aber dort kühlte es wieder auf unter 22 Grad. Rovaniemi ist übrigens die „Heimat des Weihnachtsmannes“.