Nikon wechselt Objektive
Mit neuen Wechselobjektivkameras will Nikon die Zukunft des Vollformat-Segments für sich gewinnen und führt dazu gleich einen neuen Objektiv-Standard ein.
Vergangene Woche gab es in der Fotografie-Welt ein kleines Beben – manche sagen auch eine Erschütterung der Macht: Nikon, der Spiegelreflex-Hersteller schlechthin, setzt auf spiegellose Systemkameras mit Vollformat-Sensor und hat dafür sogar ein eigenes MountSystem eingeführt. Freilich – um die Wogen gleich wieder etwas zu glätten – betont Nikon, dass weder die bisherigen Nikkor-F-Objektive noch die DSLR an sich tot sind. Beides werde weiter entwickelt. Dennoch sind die beiden angekündigten Vollformat-Wechselobjektivkameras Z6 und Z7 mit 24 bzw. 46 MP nicht nur eine Kampfansage an die Konkurrenz, sondern auch an die DSLR im eigenen Haus. Zumal man nicht wie andere Systemkameras wie die eher glücklose Nikon 1 das Einstiegssegment adressiert, sondern sich in der Oberklasse, etwa dem Niveau der D850, positioniert, mit der Aussicht, nicht nur kleiner und leichter, sondern sogar besser zu sein als herkömmliche DSLR. Das mit 55 mm Durchmesser größere Z-Mount ermöglicht mehr Lichtstärke, und dabei dank kürzerem Auflagemaß auch kompaktere Bauweise. Der Nikon-DSLR-Fangemeinde wird mit Adapter für die zahlreichen F-Objektive und Beibehaltung der lieb gewonnenen Bedienlogik der Umstieg schmackhaft gemacht.
Über den Wegfall des optischen Suchers will Nikon mit einem besonders hochwertigen elektronischen Sucher hinwegtrösten. Dieser ist tatsächlich so scharf, dass er kaum von einem Optischen zu unterscheiden ist. Allerdings waren die Farben (unter Kunstlicht) ein wenig kalt – beides gemäß den Augen des Autors. Sonst präsentiert sich die Z7 in einem ersten Hands-on wie angekündigt als recht „erwachsene“Kamera. Das gilt auch für Gewicht und Größe des Gehäuses, das – mit Rücksicht auf die Ergonomie absichtlich – nicht das kleinstmögliche ist. Ob der Griff ideal geformt ist oder nicht, dazu gab es unter der in Japan versammelten Kollegenschaft so viele Meinungen wie Hände. Die Bildqualität scheint tadellos, kann aber auf Basis des Kurztests nicht abschließend beurteilt werden. Hi-res-Modell und Allrounder: Die neuen Kameras im Detail: Den Anfang macht im September ein vor allem für kommerzielle Fotografie gedachtes Modell mit neu entwickeltem 45,7 MPSensor und 493 Fokuspunkten. Noch zum Weihnachtsgeschäft soll ein „Allrounder“Z6 mit zivileren 24 MP und proportional weniger AF-Punkten folgen. Die Z6 ist dafür lichtempfindlicher (max. ISO 51200) und mit zwölf Bildern/Sekunde noch schneller als das Schwestermodell mit neun. Die (baugleichen) Gehäuse sind wetterfest, die 4K-Videofunktion beider Modelle wird mit Profi-Features wie Timecode aufgepeppt. Neben einem Adapter für F-Objektive stehen Anfangs drei Opti- ken zur Auswahl: ein 24–70 mm Zoom und zwei Festbrennweiten (35 und 50 mm). Die Preise werden bei 3700 Euro für die Z7 liegen, ein Z7-Set mit dem Zoomobjektiv kommt auf 4300 Euro. Die Z6 wird jeweils 1400 weniger kosten. Den Adapter gibt’s für 300 Euro. Weiteres Zubehör soll folgen.
Was weitere Modelle der Z-Reihe angeht, so halten sich die Nikon-Verantwortlichen bedeckt. Wann und in welche Richtung es weitergeht, sei vom Markt abhängig. Dass es weitere Modelle geben wird, ist so gut wie sicher. Für Nikon-Präsident Kazuo Ushida ist das Z-System mit der Kombination aus großem Mount und spiegellosem Vollformat „future proof“und Nikon hofft, damit die Nummer eins im VollformatSegment zu werden. Das neue Mount vor andere Sensorgrößen zu montieren ist übrigens nicht geplant.