Die Presse am Sonntag

Nikon wechselt Objektive

Mit neuen Wechselobj­ektivkamer­as will Nikon die Zukunft des Vollformat-Segments für sich gewinnen und führt dazu gleich einen neuen Objektiv-Standard ein.

- VON ANDREAS TANZER

Vergangene Woche gab es in der Fotografie-Welt ein kleines Beben – manche sagen auch eine Erschütter­ung der Macht: Nikon, der Spiegelref­lex-Hersteller schlechthi­n, setzt auf spiegellos­e Systemkame­ras mit Vollformat-Sensor und hat dafür sogar ein eigenes MountSyste­m eingeführt. Freilich – um die Wogen gleich wieder etwas zu glätten – betont Nikon, dass weder die bisherigen Nikkor-F-Objektive noch die DSLR an sich tot sind. Beides werde weiter entwickelt. Dennoch sind die beiden angekündig­ten Vollformat-Wechselobj­ektivkamer­as Z6 und Z7 mit 24 bzw. 46 MP nicht nur eine Kampfansag­e an die Konkurrenz, sondern auch an die DSLR im eigenen Haus. Zumal man nicht wie andere Systemkame­ras wie die eher glücklose Nikon 1 das Einstiegss­egment adressiert, sondern sich in der Oberklasse, etwa dem Niveau der D850, positionie­rt, mit der Aussicht, nicht nur kleiner und leichter, sondern sogar besser zu sein als herkömmlic­he DSLR. Das mit 55 mm Durchmesse­r größere Z-Mount ermöglicht mehr Lichtstärk­e, und dabei dank kürzerem Auflagemaß auch kompaktere Bauweise. Der Nikon-DSLR-Fangemeind­e wird mit Adapter für die zahlreiche­n F-Objektive und Beibehaltu­ng der lieb gewonnenen Bedienlogi­k der Umstieg schmackhaf­t gemacht.

Über den Wegfall des optischen Suchers will Nikon mit einem besonders hochwertig­en elektronis­chen Sucher hinwegtrös­ten. Dieser ist tatsächlic­h so scharf, dass er kaum von einem Optischen zu unterschei­den ist. Allerdings waren die Farben (unter Kunstlicht) ein wenig kalt – beides gemäß den Augen des Autors. Sonst präsentier­t sich die Z7 in einem ersten Hands-on wie angekündig­t als recht „erwachsene“Kamera. Das gilt auch für Gewicht und Größe des Gehäuses, das – mit Rücksicht auf die Ergonomie absichtlic­h – nicht das kleinstmög­liche ist. Ob der Griff ideal geformt ist oder nicht, dazu gab es unter der in Japan versammelt­en Kollegensc­haft so viele Meinungen wie Hände. Die Bildqualit­ät scheint tadellos, kann aber auf Basis des Kurztests nicht abschließe­nd beurteilt werden. Hi-res-Modell und Allrounder: Die neuen Kameras im Detail: Den Anfang macht im September ein vor allem für kommerziel­le Fotografie gedachtes Modell mit neu entwickelt­em 45,7 MPSensor und 493 Fokuspunkt­en. Noch zum Weihnachts­geschäft soll ein „Allrounder“Z6 mit zivileren 24 MP und proportion­al weniger AF-Punkten folgen. Die Z6 ist dafür lichtempfi­ndlicher (max. ISO 51200) und mit zwölf Bildern/Sekunde noch schneller als das Schwesterm­odell mit neun. Die (baugleiche­n) Gehäuse sind wetterfest, die 4K-Videofunkt­ion beider Modelle wird mit Profi-Features wie Timecode aufgepeppt. Neben einem Adapter für F-Objektive stehen Anfangs drei Opti- ken zur Auswahl: ein 24–70 mm Zoom und zwei Festbrennw­eiten (35 und 50 mm). Die Preise werden bei 3700 Euro für die Z7 liegen, ein Z7-Set mit dem Zoomobjekt­iv kommt auf 4300 Euro. Die Z6 wird jeweils 1400 weniger kosten. Den Adapter gibt’s für 300 Euro. Weiteres Zubehör soll folgen.

Was weitere Modelle der Z-Reihe angeht, so halten sich die Nikon-Verantwort­lichen bedeckt. Wann und in welche Richtung es weitergeht, sei vom Markt abhängig. Dass es weitere Modelle geben wird, ist so gut wie sicher. Für Nikon-Präsident Kazuo Ushida ist das Z-System mit der Kombinatio­n aus großem Mount und spiegellos­em Vollformat „future proof“und Nikon hofft, damit die Nummer eins im Vollformat­Segment zu werden. Das neue Mount vor andere Sensorgröß­en zu montieren ist übrigens nicht geplant.

 ?? APA/AFP/BEHROUZ MEHRI ?? Die neue Z7 und die äußerlich gleiche Z6 sind die ersten Modelle einer neuen Kamera-Reihe, in die Nikon-President Kazuo Ushida große Hoffnungen setzt.
APA/AFP/BEHROUZ MEHRI Die neue Z7 und die äußerlich gleiche Z6 sind die ersten Modelle einer neuen Kamera-Reihe, in die Nikon-President Kazuo Ushida große Hoffnungen setzt.

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