»Das ist ein Warnzeichen«
Auch dieses Jahr fehlen an Wiens Schulen Lehrer. Die Situation könnte sich in den nächsten Jahren weiter verschlechtern. Die Neos fordern Maßnahmen. In den Büros der Schulbehörden war (und ist) Hochbetrieb: Noch vor dem Schulbeginn müssen die mehr als 128.000 Lehrer den einzelnen Schulen zugeteilt werden. Wie jedes Jahr können nicht alle Pädagogen am bisherigen Standort bleiben. Welche Schule braucht wie viele Lehrer? Und welche Fächer müssen besetzt werden? Da wird herumgerechnet und -geschoben; und auch heuer können nicht alle Posten besetzt werden.
„Es geht sich alles aus“, heißt es dennoch aus dem Wiener Stadtschulrat. Mit einigen Tricks werden in allen Klassen auch heuer genügend Lehrer stehen. Dafür werden einige Pädagogen dauerhafte Überstunden machen. In ganz Österreich fallen pro Schuljahr laut einer parlamentarischen Anfragebeantwortung rund fünf Millionen bezahlte Überstunden an – dazu kommen unentgeltliche Supplierungen, die die Lehrer laut Dienstrecht in einem bestimmten Ausmaß leisten müssen. Außerdem werden an Österreichs Schulen seit Jahren Lehramtsstudenten, die ihr Studium noch nicht abgeschlossen haben, eingesetzt. Im vergangenen Schuljahr gab es, wie eine Anfrage der Neos zeigte, allein in Wien 260 Lehramtsstudenten an den Pflichtschulen. Heuer werden es wohl sogar etwas mehr sein.
Ein „Warnzeichen“nennt das der neue pinke Wiener Klubchef, Christoph Wiederkehr, im Gespräch mit der „Presse am Sonntag“. Es gebe Christoph Wiederkehr schon jetzt einen deutlichen Lehrermangel, und die Situation werde sich weiter verschärfen. Das liegt mitunter an der Pensionierungswelle. Hier spricht man von einer Art „Schweinebauchzyklus“: Jene Pädagogen, die ab den 1970ern aufgenommen wurden, gingen bzw. gehen rund 40 Jahre später in Pension. Ursprünglich rechnete man mit dem Höhepunkt dieser Pensionswelle in den Jahren 2016 bis 2018 – aufgrund diverser neuer Pensionsregelungen könnte sich dies aber nach hinten verschieben.
Hinzu kommen Probleme durch die neue Lehrerausbildung. Sie dauert länger. Volksschullehrer müssen statt eines dreijährigen Bachelorstudiums einen vierjährigen Bachelor und (bis zur vollen Berufsberechtigung) noch einen einjährigen Master absolvieren. An den Unis steigt die Dauer von neun auf zehn Semester. Daher wird es im nächsten Schuljahr keinen Absolventenjahrgang geben.
In ganz Österreich fallen pro Schuljahr rund fünf Millionen bezahlte Überstunden an.
Problem für NMS? Die frisch ausgebildeten Lehrer haben dann die Berechtigung, sowohl an einer Neuen Mittelschule als auch an einem Gymnasium zu unterrichten. Dadurch entsteht ein Wettbewerb. „Es ist fraglich, ob die Wiener NMS mit ihren schlechten Rahmenbedingungen die besten Lehrerinnen und Lehrer gewinnen können“, so Wiederkehr. Dort könnte der Lehrermangel in den nächsten Jahren dramatisch werden.
„Der Bildungsstadtrat darf jetzt nicht warten, bis ihm das Schulproblem um die Ohren fliegt“, so Wiederkehr. Er fordert eine Lehreroffensive für die NMS. Es brauche an Brennpunktschulen Coaching für Lehrer und Begleitung für Berufsanfänger.