Wie wird das Weinjahr 2018?
»360 Grad Österreich«. Es war zu heiß, es regnete zu wenig – für Winzer war das Jahr 2018 eine Herausforderung. Mehr freilich bei den Weißweinen, weniger bei den Rotweinen.
Natürlich ist es naiv, einen Winzer zu fragen, wie der Wein werde. Das wäre, als würde man einen Koch fragen, ob man bei ihm gut esse. Das Weinjahr ist immer gut, im schlimmsten Fall ist es „herausfordernd“und „spannend“, wie etwa zuletzt 2014, das regenreich und sonnenarm war.
Trotzdem: Über den heurigen Sommer wurde viel geschrieben. Noch nie war es so heiß, noch nie gab es so wenig Niederschlag, noch nie begann die Traubenlese so früh – noch nie gab es so viele Noch-Nies. Man muss also die Experten fragen, was all das für den Wein bedeutet, und dafür eignen sich zwei der besten Weingüter Österreichs: das von Willi Bründlmayer im niederösterreichischen Kamptal und das von Ernst Triebaumer im burgenländischen Rust.
Neu ist die immer frühere Weinlese nicht. Seit 1960 werde es Jahr um Jahr wärmer, und seit damals verschiebe sich die Lese nach vorn. „Der Rebstock blüht immer früher, die Trauben wer- den früher reif – das ist eine langfristige Tendenz“, erklärt Willi Bründlmayer. Aber heuer „ist der früheste Jahrgang in meiner Karriere“.
Der Niederösterreicher hat schon vor 25 Jahren mit einem Klimaforscher aus den USA zusammengearbeitet, um auf diese Entwicklung zu reagieren. Ganz unten am berühmten Zöbinger Heiligenstein pflanzte er Cabernet Franc an, mit den Weißweinen wanderte er immer weiter nach oben. Zudem setzte er auf die Lyra-Erziehung, bei der die Stöcke wie ein Ypsilon wachsen. Dadurch hängen die Trauben im Halbschatten und der Wind weht kühlend durch die Stöcke.
Bei der Weißweinlese ist man jetzt gerade in der zweiten Woche, bisher habe man sehr leichten Grünen Veltli- ner eingebracht. Man ernte deshalb früher, weil man sonst zu schwere Weine erhalte. Derzeit lesen die Mitarbeiter den Pinot noir. „Wenn er allein den Zucker vergärt, den er hat, wird er schon 13 Prozent Alkohol haben“, sagt der Winzer.
Die Herausforderung sei, den idealen Zeitpunkt zwischen Vollreife und knackiger Frische zu erwischen. Und das jedes Jahr aufs Neue. 2014 beispielsweise, das klimatisch das völlige Gegenteil von heuer war – kühl und viele Niederschläge –, habe man möglichst spät gelesen, weil man damit zu kämpfen hatte, dass die Trauben überhaupt reif werden. Da das Klima den Pilzbefall begünstigte, mussten zudem viele Beeren aussortiert werden. Es blieb also weniger Wein.
Heuer dagegen „geht es uns wie den Südländern“, sagt Bründlmayer. Man habe reichlich und gut zu trinkenden Wein, aber er wird nicht ewig haltbar sein. „Wenn man in zehn, 20 Jahren eine Flasche Weißwein aufmacht, wird eher ein 2014er vertreten sein als ein 2018er.“Und wie wird nun der heurige Weißweinjahrgang? „Die Weine sind generell südlicher, sie sind kräftiger, haben weniger Säure und weniger Frische.“Die Kunst sei nun, das Mangelnde auszugleichen.
Der Stress, dem die Trauben aufgrund des extremen Wetters ausgesetzt waren, schlage sich auf eine eigene Art nieder. Die Schalen werden bitterer, das sei bei Grünem Veltliner und Riesling schwierig. Bei Rotwein dagegen sei diese Bitterkeit gut einbaubar. Zufriedener Triebaumer. Und damit wechseln wir ins Burgenland, zum österreichischen Rotweinpapst, Ernst Triebaumer. „Wir haben heuer überhaupt kein Problem mit dem Wein“, erklärt Sohn Herbert. Das habe einerseits mit dem Zustand der Böden zu tun – die Erde zwischen den Stöcken müsse locker sein und viel Humus haben, damit die Feuchtigkeit tief eindringen kann –, andererseits damit, dass die Rotweintraube von der Hitze nicht so stark betroffen war. Der Blau- fränkische beispielsweise ist spätreifend. Während der Hitzeperiode waren die Trauben also noch nicht reif. Erst in zehn bis 14 Tagen wird Triebaumer mit der Lese beginnen.
Für Rotwein werde 2018 auf jeden Fall ein gutes Jahr. Es werde ein sehr reifer, schwerer Wein sein, bei dem der Geschmack dunkler Früchte vorherrschen werde. Im Gegensatz zu 2014. Damals machte Triebaumer zum Beispiel keinen Mariental, seinen legendären Blaufränkischen. Im Nachhinein vielleicht ein Fehler, meint Herbert Triebaumer. Die 2014er seien „absolute Langstreckenläufer“, da sei er sicher. Wenn jemand 2024 eine Flasche aus
Willi Bründlmayer hat schon vor 25 Jahren mit einem Klimaforscher gearbeitet. Herbert Triebaumer wettet auf die Qualität der Rotweine des Jahrgangs 2014.
dem Haus Triebaumer aufmache und mit der Qualität nicht zufrieden sei, dann biete er ihm an, alle Flaschen auszutauschen.
Dass es in Österreich irgendwann für den Weißwein generell zu warm wird, befürchtet Willi Bründlmayer nicht. Man habe noch viele Möglichkeiten, auf die Änderungen zu reagieren, im Extremfall mit spätreiferen Sorten. Schwierig werde es dagegen für die Lagen im Süden Europas, für Italien und Frankreich. „In diesen Ländern wird man langfristig vermutlich viele Gebiete wegen des Wassermangels aufgeben müssen, es wird einfach zu heiß und zu trocken“, glaubt der Niederösterreicher. Das treffe ihn auch persönlich. „Ich mag die Weine aus dem Mittelmeerraum.“