Vom Lymphstau zum »Elefantenarm«
Hinter einem dicken Knöchel steckt oftmals ein Lymphödem. Auslöser kann auch eine OP sein.
Charlotte hat „Wasser im Fuß“. Immer wieder schwillt ihr rechter Knöchel an. „Lagere ich ihn hoch, geht die Schwellung langsam zurück“, sagt die 67-Jährige. Allerdings: Diese „Ebbe“, wie die Pensionistin sagt, geht immer langsamer vonstatten. Das liegt mitunter daran, dass es sich nicht um Wasser handelt, sondern um ein Lymphödem.
Hinter dem Begriff verbirgt sich eine Erkrankung des Lymphgefäßsystems, die in Österreich Schätzungen zufolge 30.000 Menschen betrifft. „Die Lymphe, also die proteinreiche Zwischenzellflüssigkeit, kann nicht abfließen und tritt ins Fettgewebe aus“, sagt Klaus Schrögendorfer, Leiter der Abteilung für Plastische, Ästhetische und Rekonstruktive Chirurgie am Universitätsklinikum St. Pölten. „Aber im Unterschied zum Lipödem (siehe Artikel links) entstehen im Fettgewebe narbige Strukturen.“Das bedeutet: Es greift sich hart an, ist gespannt, und das betrifft meist nur eine Extremität – ein Bein, einen Fuß oder Arm; das Lipödem ist weicher, knotiger und kommt symmetrisch vor. Keine Heilungsgarantie. Die Medizin unterscheidet zwei Arten des Lymphödems: Zum einen das idiopathische, das ohne erkennbare Ursache auftritt und sehr selten vorkommt. Zum anderen das „sekundäre Lymphödem“, das in der Regel Folge einer Operation ist. „Meistens sind das onkologische Operationen, etwa, wenn Brustkrebspatientinnen die Lymphknoten aus der Achselhöhle entfernt werden müssen“, sagt Schrögendorfer.
Eine weitere Unterteilung ergibt sich nach Intensität des Ödems: „Im ersten Stadium bemerken die Patienten eine geringe Schwellung, die vergeht, wenn die Extremität hoch gelagert wird. In der Folge wird die Schwellung beständiger, das Tragen einer Kompression und die Durchführung von Lymphdrainagen (Massage in Richtung der Lymphbahnen, Anm.) sind nötig“, so Schrögendorfer. Das fünfte und letzte Stadium wird auch „Elefantiasis“genannt. „Es kommt sehr selten vor, wenn, dann heißt es aber: Nomen est omen. Der eine Arm oder das Bein kann gut sechsmal so dick werden wie der oder das andere.“
Neben den physikalischen gibt es drei operative Behandlungsmöglichkeiten: Erstens die Liposuktion, im Zuge derer das Zuviel an Fettgewebe abgesaugt wird. Zweitens die Lymphovenöse Anastomose (LVA), bei der eine Art Umleitung gebaut wird. Konkret: Es wird ein Lymphgefäß gesucht und mit einer Vene verbunden, damit die Flüssigkeit über diese abfließen kann. Variante drei ist die Transplantation eines Lymphknotens aus einer anderen Region. Aber: Eine Garantie auf Heilung besteht nicht, räumt Schrögendorfer ein: „Im Extremfall kann es passieren, dass sich nach den Operationen nichts bessert.“