Die Presse am Sonntag

JOHANNES NARBESHUBE­R

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ten täglich reichen, um die Hirnstrukt­ur zu verändern.“Das Problem ist nur, Erfolg kommt nur vom Tun: Die Illusion, nach einem Seminar ist alles anders, brauche man sich nicht zu machen. Meditieren im Schrank. Auch für Peter Bostelmann ist Achtsamkei­t seit rund zehn Jahren Teil des täglichen Lebens: Ein Mal im Jahr nimmt er an einem Zehn-Tages-Retreat teil, dazu Übungen jeden Morgen und Abend. „Am Anfang habe ich nicht darüber gesprochen. Wir kennen das noch heute, wir sprechen von Closet Meditators, den im Schrank versteckt Meditieren­den, denn Meditation hat für viele einen belächelte­n Beigeschma­ck.“Aber das ändert sich.

Am schnellste­n verändert hat es sich, wo sonst, im Silicon Valley. Bei den Tech-Konzernen und Start-ups gehören Achtsamkei­tsangebote heute zum guten Ton. Daran ist Peter Bostelmann nicht unbeteilig­t. Als er bemerkt hat, dass die Benefits aus seiner Achtsamkei­tspraxis auf viel Interesse stoßen, auch in seinem Konzern SAP, hat er begonnen, solche Kurse anzubieten.

„Am Anfang war da viel Neugierde, aber auch Skepsis“, aber das Interesse wuchs rasant: Ein Jahr, nachdem bei SAP Achtsamkei­tskurse gestartet sind, hatte Bostelmann 1500 Mitarbeite­r auf der Warteliste, ab 2014 wurden diese, vom Top-Management gestützt, konzernwei­t ausgeweite­t, und SAP, der größte Businessso­ftware-Anbieter der Welt mit mehr als 90.000 Mitarbeite­rn machte Peter Bostelmann zum ersten Mindfulnes­s-Manager eines Konzerns.

In der Praxis besteht das Achtsamkei­tsprogramm bei SAP heute aus zweitägige­n Grundlagen-Seminaren, in denen das Achtsamkei­ts-Konzept und Techniken, wie einfache Atemübunge­n, gelehrt werden. Dieses Basissemin­ar habe mittlerwei­le 7000 SAP-Leute gemacht, 5000 stehen auf Warteliste­n.

Dazu kommen Folgeaktiv­itäten, wie Achtsamkei­tsgruppen. An 25 Unternehme­nssitzen gibt es tägliche Meditation­sangebote – das Konzept habe sich „in die DNA von SAP“geschriebe­n: „Ein Teil ist die persönlich­e Übungsprax­is, ein zweiter die integriert­e Praxis“– da gehe es um achtsame Haltung im Alltag. So gibt es bei SAP Meetings, die mit einem Moment des Innehalten­s beginnen. „Das reguliert den Puls, den Hormon- und Stresshaus­halt.“

Und freilich muss niemand mitmachen, Skeptiker gibt es viele. „Alles Neue wird zunächst kritisch betrachtet, in 20 Jahren wird Achtsamkei­t etabliert sein wie heute Joggen. Vor 70 Jahren hätte man zu einem, der grundlos läuft, gesagt: Wer jagt dich denn? Man hat diskutiert, ob Sport überhaupt gesund ist. Vor 130 Jahren war strittig, ob persönlich­e Hygiene gut und nötig ist. In 20 Jahren sind Achtsamkei­tsübungen das neue Joggen, aber für den Kopf.“

Schließlic­h tut sich in der neurowisse­nschaftlic­hen Forschung dazu viel, und die positive Resonanz bemerkt Bostelmann mittlerwei­le auch jenseits von Tech-Branche und Silicon Valley, das er „das Epizentrum der Achtsamkei­t in Unternehme­n“nennt. Woran liegt das, dass sich die nüchterne IT-Welt dafür so sehr begeistert? „Diese Menschen sind offen für Neues, die Ingenieure sind vielleicht nüchtern und skeptisch, Berater, Vorstand Österreich­ische Gesellscha­ft für Achtsamkei­t.

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