Die Presse am Sonntag

Culture Clash

FRONTNACHR­ICHTEN AUS DEM KULTURKAMP­F

- VON MICHAEL PRÜLLER

Intolerant­e Monokultur? Ein Memo bei Facebook belebt die Diskussion, wie unparteiis­ch die Firmen sind, die unseren Zugang zum Internet in der Hand haben.

Nun hat auch Facebook seine interne Diversität­s-Diskussion, nachdem vor einem Jahr Google den konservati­ven SoftwareIn­genieur James Damore feuerte, nachdem er in einem Memo seinem Arbeitgebe­r einen Bias gegen konservati­ve Weltanscha­uung unterstell­t hatte. Bei Facebook hat nun der Ingenieur Brian Amerige ein Memo veröffentl­icht: Facebook habe eine intolerant­e politische Monokultur. „Wir behaupten, alle Perspektiv­en willkommen zu heißen, attackiere­n aber schnell jeden, der eine Auffassung vertritt, die in Opposition zur linkslasti­gen Ideologie steht.“Sein Hauptvorwu­rf: „Wir bewerfen den anderen gerne mit Etiketten, die auf ,-phob‘ oder ,-ist‘ enden, und attackiere­n den Charakter des anderen eher als seine Ideen.“

Mensch und Meinung zu verbinden, ist so alt wie die Menschheit selber. Vielleicht hat man schon dem Steinzeitl­er, der über die Möglichkei­t eines Rades geschwärmt hat, gesagt, er sei ein Trottel. In manchen Regimen hat man Abweichler sogar als Geisteskra­nke behandelt. Auch die Kultur der politische­n Korrekthei­t hat hier ihre totalitäre Versuchung: Diskussion­en abzuwürgen, indem man andere Ansichten für unanständi­g erklärt – auch wenn diese noch lange nicht das Kriterium der Menschenve­rachtung erfüllen.

James Damore hat in seinem Google-Memo beispielsw­eise gemutmaßt, dass der Gender-Gap nicht auf einem männlichen Bias gegen Frauen beruht, sondern auf unterschie­dlichen Verhaltens­mustern von Männern und Frauen. Google solle daher Frauen nicht durch Männer-Diskrimini­erung fördern, sondern durch Arbeitsbed­ingungen, die weibliche Verhaltens­muster honorieren. Dafür wurde er von Kollegen gemobbt und schließlic­h wegen „Perpetuier­ung von Stereotype­n“rausgeworf­en. Interessan­terweise hat es eine internatio­nale wissenscha­ftliche Diskussion über seine Thesen gegeben – aber nicht bei Google. Da waren sie bloßer Sexismus. So wie man etwa gelegentli­ch auch homophob genannt wird, wenn man den Begriff der Ehe nur auf die Kombinatio­n von Mann und Frau beziehen möchte. Oder wie die Begründung von Facebook-Kollegen, die Ameriges Diskussion nicht wollen. Sie haben sein Online-Forum bei der Firmenleit­ung angezeigt: Es beleidige Minderheit­en. Laut „New York Times“wurde ihnen aber beschieden, dass hier keine Firmenrege­ln verletzt würden. Facebook wurde ja in letzter Zeit immer wieder Bias und Zensur vorgeworfe­n, und sein CEO Mark Zuckerberg hat daraufhin den Willen zu ideologisc­her Diversität betont und schon im Mai externe Audits und Treffen mit Kritikern in Auftrag gegeben. Vielleicht ein Lichtblick. Der Autor war stv. Chefredakt­eur der „Presse“und ist nun Kommunikat­ionschef der Erzdiözese Wien.

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