Die roten Sheriffs aus dem Osten
Wie kann ein bisschen Law and Order in der SPÖ-Variante aussehen? Und wird es funktionieren? In Wien und dem Burgenland wird es jedenfalls ein Live-Experiment dazu geben.
Einer allein ist ein Abweichler. Zwei aber sind ein Trend – zumindest, wenn die Grundmenge so überschaubar ist wie bei SPÖ-Landeshauptleuten. Mit dem neuen BurgenlandChef Hans Peter Doskozil und dem nicht mehr ganz neuen Wiener Bürgermeister Michael Ludwig stehen jedenfalls im Osten des kleinen roten Länderuniversums nun zwei an der Spitze, die viel gemeinsam haben.
Das beginnt bei der Optik (mehr Funktionär- als Slim-Fit-Schick), geht über den Freundeskreis (guter Draht zu Werner Faymann), spiegelt sich im Redestil wider (nicht lustvoll polternd wie die Vorgänger, aber man kann dem Bundesparteichef auch anders das Leben schwer machen), hat aber vor allem mit einem erklärten Ziel zu tun: Die Versäumnisse in der Migrationsfrage nicht zu wiederholen. Doskozil nennt seine Linie dazu im „Presse“-Interview „konsequent“. Ludwig spricht von „Sicherheit und Ordnung“. Dazu passt, dass der eine früher Polizist und „Sicherheitsminister“war und der andere immerhin vom „Standard“zum „lächelnden Stadtsheriff“ernannt wurde.
Wie das rote Law and Order, das bald via Parteiprogramm zur Bundesparteilinie verfestigt wird, beim Wähler ankommt, ist aber noch offen. Und irgendwie ist es fair, dass es in Wien und im Burgenland getestet wird. 2020 soll in beiden Ländern gewählt werden. Und auch wenn Landeswahlen in eigenen politischen Klimazonen stattfinden (Stichwort Kärnten), werden die Urnengänge für den Rest Österreichs spannend. Im Burgenland wird erstmals über Rot-Blau abgestimmt. Und in Wien muss Ludwig beweisen, dass der gefühlte Kurswechsel Erfolg hat. Die internen Kritiker werden mit Argusaugen beobachten, ob sich die Ludwig’sche Gleichung ausgeht, dass man außerhalb des rot-grünen Pools fischen kann, ohne gleichzeitig viele Stimmen vom Haken zu lassen.
Davor müssen aber die ParteiprogrammÜberschriften wie „Integration vor Zuwanderung“mit Leben gefüllt werden. Das Kunststück wird darin bestehen, dass Thema nicht zu offensiv zu spielen (die „Harte Hunde“-Ecke ist besetzt), aber dennoch Präsenz zu zeigen. Wien versucht das mit dem Mantra vom „Wien-Bonus“. Das Match lautet nicht Österreicher versus Migranten, sondern (langjährige) Wiener gegen alle anderen. Eine Haltung, die absurd wird, wenn etwa eine Stadträtin, um nur nichts Falsches zu sagen, auf relevanten Unterschieden im Sozialverhalten zwischen Wien und Bregenz beharrt. Apropos Ulli Sima und U-Bahn-Essverbot. Im „Profil“erklärte Politologe Plasser übrigens unlängst, warum die Grünen als Verbotspartei gesehen werden, die Wiener Roten aber nicht. „Die Grünen wollen, dass wir uns ändern. Law-and-Order-Vertreter wollen, dass sich die anderen ändern.“
Die anderen – das ist im Wahlkampf 2020 der Bund. Doskozil wird sich mit Kritik an Türkis-Blau schwerer tun als Ludwig (der aber würde er in Eisenstadt statt in Wien regieren, ziemlich sicher mit der FPÖ koaliert hätte). In Wien wird 2020 – manches bleibt halt gleich – aber jedenfalls wieder ein Hauch Western in der Luft liegen. Es wird wie 2015 ein „Duell“geben. Und ein Motto wie: „Wir sind die Guten.“Nur dass dabei keiner mehr an Asylwerber denken wird.