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NACHRICHTEN AUS DER REDAKTIONSKONFERENZ
Kaum ein Tag hat die Welt so verändert wie der 15. September 2008. Die Insolvenz der amerikanischen Investmentbank Lehman Brothers löste eine globale Finanzkrise aus, deren Folgen bis heute spürbar sind – und über die „Die Presse“in den nächsten Tagen rückblickend berichten wird. Stefan Riecher sprach für diese Ausgabe in New York mit Bankern und Geldakrobaten, die damals im Zentrum des Sturms standen. Er berichtete schon vor zehn Jahren für die „Presse“aus Manhattan, jetzt wieder – als unser ständiger USA-Korrespondent. Dazwischen, von 2012 bis 2015, heuerte der langjährige „Presse“- Wirtschaftsredakteur bei der renommierten US-Nachrichtenagentur Bloomberg an, wo er für die Europäische Zentralbank zuständig war. Über Geld weiß der Mann also so ziemlich alles, über amerikanische Politik und Tennis übrigens auch. Deshalb füllt Stefan Riecher die Seiten dieser Zeitung seit Frühling wieder über alle Ressortgrenzen hinweg. Ein Gewinn für uns, diesmal können Sie bei der Lektüre der Coverstory davon profitieren.
Unser Geschäftsmodell basiert auf treuen Lesern – und Inseraten. Im ersten Buch ist der Platz diesmal etwas gedrängt, deshalb finden Sie auf dieser Seite nicht wie gewohnt das Inhaltsverzeichnis, sondern gleich eines der Highlights der Ausgabe: ein DoppelHans-Interview mit dem burgenländischen Landeshauptmann Hans Niessl und dessen Kronprinzen Hans Peter Doskozil, das Innenpolitik-Chef Oliver Pink in Eisenstadt geführt hat. Einen kleinen Trommelwirbel verdient auch die Globus-Reportage unserer IsraelKorrespondentin Susanne Knaul, die 25 Jahre nach dem Osloer Interimsabkommen zwischen Israelis und Palästinensern eine ausgiebige Tour durch das Westjordanland unternommen hat. Auch dieses Stück unvollendeter Geschichte wirkt bis heute nach. Doskozil: Das war ein sachpolitisches Interview anlässlich des informellen Verteidigungs- und Außenministerrats in Estland. Und ich frage mich, warum man, wenn man gemeinsam auf einem Ministertreffen im Ausland ist, nicht auch gemeinsam ein fachliches Interview geben darf. Hätten Sie gerne gemeinsam regiert mit Sebastian Kurz? Doskozil: Das ist keine persönliche Angelegenheit. Die Sozialdemokratie sollte immer den Anspruch haben, zu regieren. Natürlich wäre es richtig gewesen, auch sozialdemokratische Inhalte in der Regierung vertreten zu haben. Auf Bundesebene herrscht derzeit Eiszeit zwischen der SPÖ und der FPÖ. Ist das klug? Niessl: Das ist Bundessache, das müssen diejenigen, die dort das Sagen haben, entscheiden. Im Burgenland funktioniert das. In etlichen Gemeinden in Österreich auch. Ist die Bundes-SPÖ zu links? Niessl: Ich fange mit diesen Begriffen in der heutigen Zeit wenig an. Ich bin für die gemeinsame Schule, gegen Studiengebühren. Ist das rechts oder links? Eher links. Niessl: Es hat Zeiten gegeben im Burgenland, in denen die Sozialdemokraten – und auch ich – als BurgenlandKommunisten beschimpft worden sind. Kann man sich gar nicht mehr vorstellen. Niessl: Tatsache. Wie ist eigentlich Ihre Position zur Abschiebung von Lehrlingen, die keinen positiven Asylbescheid bekommen haben? Doskozil: Das ist ein scheinheiliges Agieren der derzeitigen Bundesregierung. 80 Prozent der Asylberechtigten kommen direkt in die Mindestsicherung. Jetzt frage ich mich, warum es nicht das Ziel ist, diese Menschen in den Arbeitsprozess zu bekommen. Das ist natürlich auch schwierig. Stattdessen macht man es ganz einfach für die Industrie und die Wirtschaft und erweitert die Liste der Mängelberufe für Drittstaatsangehörige, also etwa auch für Menschen aus Afghanistan. Das be-