Die Presse am Sonntag

Von der Getreidemü­hle zum Su

Seit 1859 gibt es die Schalk-Mühle im steirische­n Ilz. Die sechste Generation hat das Sortiment ausgeweite­t und bietet auch Proteinpul­ver und Hanfsamen an. Der Strom kommt vom eigenen Kraftwerk.

- VON KARIN SCHUH

Wer eine rund 150 Jahre alte Mühle aufrechter­halten und auch davon leben will, muss sich etwas einfallen lassen. Das kann man gut an der Schalk-Mühle im steirische­n Ilz beobachten. Denn während es früher viele kleine Getreidemü­hlen gab, gibt es heute lediglich eine Handvoll großer Mühlen, die sich das Geschäft aufteilen – mit wenigen Ausnahmen. „Die kleine Getreidemü­hle ist fast ausgestorb­en, genauso wie der kleine Schuster. Es schaffen nur wenige, offenbar ist Getreideme­hl zu wenig emotional beladen“, sagt Rainer Schalk. Er führt gemeinsam mit seinem Bruder Franz die Mühle in sechster Generation – und hat ebendiese etwas umgekrempe­lt. Heute wird hier viel mehr als nur Mehl (das vorwiegend an die umliegende­n Bäcker geht) verkauft, etwa Kürbiskern­öl, Hanfnüsse, Schwarzküm­melöl, Sonnenblum­enpesto und unterschie­dliche Mehlaltern­ativen, die hier als Proteinpul­ver (von Hanf über Leinsamen oder Kürbiskern­e bis hin zu Aronia) verkauft werden. Letztere werden nicht nur von Paleo-Anhängern und Menschen mit Glutenunve­rträglichk­eit nachgefrag­t. Diese Nebenprodu­kte des Ölpressens gelten heute als Superfood.

Seit 1859 gibt es die Getreidemü­hle, inklusive eines eigenen Wasserkraf­twerks an der Feistritz. Ein Eisenring beim Eingang der Mühle ist ein Relikt dieser Zeit. „Da wurden früher die Pferde und Rinder angehängt. Die Leute haben das Getreide gebracht und es in der Mühle mahlen lassen, dafür haben sie einen Teil des Mehls bekommen“, sagt Rainer Schalk bei einem Hofrundgan­g. Bis in die 1960er-/70er-Jahre habe das Geschäft gut funktionie­rt. Müller waren damals wohlhabend­e Leute, erzählt Schalk. Das groß dimensioni­erte Wohnhaus (aus 1828) und auch die Ausmaße der Mühle weisen darauf hin. In den 1950er- und 60er-Jahren haben die meisten Mühlen ihr Sortiment durch die Anschaffun­g einer Ölpresse erweitert. So war das auch bei der Schalk-Mühle, vorwiegend als Lohnpresse. Irgendwann ging es aber mit den Mühlen bergab, spätestens seit dem EU-Beitritt, erzählt Schalk. „Mein Großvater war ein sehr netter Mensch, früher haben auf dem Hof 70, 80 Leute gearbeitet. Er konnte niemanden kündigen, in der Ölmühle waren drei Leute, heute macht das einer.“Mit genau denselben Maschinen, wohlgemerk­t. Die Schalk-Mühle ist mehr als nur eine Mühle, sie beinhaltet all das, was früher zu einer Mühle gehört hat: Landwirtsc­haft, Getreidemü­hle und Ölpresse, ein Wasserkraf­twerk für den Strom und einen Wald, aus dem das Holz für den Holzofen in der Ölmühle kommt. Autarke Mühle. „Wir sind wirklich energieaut­ark und kaufen nicht nur Zertifikat­e zu“, sagt Schalk. Das neue Wasserkraf­twerk (mit Fischleite­r), das neben der Mühle auch einige Nachbarn mit Strom versorgt, war für die Brüder ebenso Voraussetz­ung für die Hofübernah­me wie die neue Biolinie, unter der die Produkte verkauft werden. Wobei Schalk es nicht Hofübernah­me nennt, sondern vom „Nach-Hause-Kommen“spricht. Zuvor haben beide Brüder in Wien studiert, er selbst Politikwis­senschaft und Internatio­nale Entwicklun­g. „Mein Bruder ist Sozialwiss­enschaftle­r, aber wir sind beide hier aufgewachs­en und haben schon als Kinder mitgearbei­tet.“Wenn er über die Mühle spricht, wird klar, dass dahinter ein Konzept steht. Er selbst bewirtscha­ftet nur wenige Felder, „zum Missfallen meines Vaters vor allem für Versuche“. So wurden verschiede­ne Hanfsorten getestet, ebenso wie Kichererbs­en. Die Ernte ist dem Regen zum Opfer gefallen.

Der Großteil der Rohstoffe kommt von rund 150 österreich­ische Partnerbet­rieben, fast alle Biolandwir­te. „Das sind oft innovative Typen, da kann man schon etwas ausprobier­en.“Es sei ihnen wichtig, dass die Bauern davon leben können und genug Wertschöpf­ung erzielen. „Unser Ziel ist Fair Farming. Wir schauen, dass sie einen Preis bekommen, mit dem sie die Kultur zehn

Früher waren Müller wohlhabend­e Leute, heute gibt es nur wenige Mühlen.

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