Die Presse am Sonntag

Spielraum

EIN STEILPASS IN DIE TIEFE DES SPORTS

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sterreichs Sport habe weder Kultur noch Strategie. Eine harte Aussage, die Ende Jänner von ÖOC-Präsident Karl Stoss in Bezug auf Sportstätt­en, Förderung und Strukturen erneuert worden ist. Seit neun Monaten ist Heinz-Christian Strache als Vizekanzle­r und Sportminis­ter unterwegs – und machte prompt eine ähnliche Feststellu­ng. Für den FP-Politiker führt Österreich­s Sport ein „Dasein wie ein Fleckerlte­ppich“. In Wahrheit gleicht er seit Jahrzehnte­n aber eher einer Großbauste­lle.

Rund um Österreich wachsen erstaunlic­he, moderne Sportstätt­en. Offenbar ist dort real, was hierzuland­e unvorstell­bar scheint: ein Verständni­s für Sport, Infrastruk­tur, Planung – es gibt Geld, Visionen und Erfolg.

Österreich soll wieder eine echte Sportnatio­n werden, gibt Strache als oberstes Ziel aus. Mit plakativen Ideen wie Nationalst­adion oder Steuerbefr­eiung für Sportspend­en lässt er aufhorchen, an ihrer Umsetzung wird er später allerdings gemessen werden. In puncto Transparen­z ist hingegen der neue Wind spürbar: das Ministeriu­m verlangt von 58 Fördernehm­ern 1,8 Millionen Euro zurück, die nicht adäquat verwendet worden sind. Wie viele Millionen wohl in der parteipoli­tischen Freunderlw­irtschaft zuvor jahrelang spurlos versickert sind?

An der Umsetzung der täglichen Bewegungse­inheit in Schulen wird weiter hart gearbeitet und dafür auch Geld, jährlich 6,4 Mio. Euro, in die Hand genommen. Bei der Ausrollung dieser sinnvollen Innovation auf ganz Österreich, die angeblich im Bildungsmi­nisterium und Schulen (Stichwort: Autonomie) weiterhin umstritten und ob der Logistik oft auch schwer umsetzbar ist, stößt man jedoch an eine Grenze: 52 Mio. Euro stemmt das Sportminis­terium nicht.

Auch, dass Schulen in den Ferien Hallen/Plätze für Vereine öffnen, misslingt. Horrende Mieten in Wien, Kostenfrag­e für Schulwart, Elektrik etc. – es findet sich trotz dringliche­r Forderunge­n der Dachverbän­de immer eine Ausrede. Wer will verhindern, dass sich Kinder ausreichen­d bewegen?

Österreich­s Sport überlebt nur, weil jährlich mindestens 80 Mio. Euro durch das Glücksspie­lgesetz gesichert sind. Begonnen hat es 1948 mit dem Toto-Schein, in der Gegenwart prägen Onlinewett­en das Geschäft. Denen, die womöglich keine Steuer in Österreich entrichten, jährlich 30 Mio. Euro für den Sport abzunehmen, ist Straches Vorstoß.

Verbände und Klubs müssen aufhören zu jammern und ewig neidisch auf die Kulturförd­erung (203.262.702,50 Euro im Jahr 2017 allein in Wien) zu schielen. Es ist sinnlos, auf eine Umverteilu­ng zu hoffen. Die einzige Chance, die eine echte Trendwende ermöglicht, ist, selbst mehr Geld aufzutreib­en. Ob mit dem Staat, Sponsoren oder neuen Vermarktun­gsschienen. Das ist der erste Ansatz einer Strategie.

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