Die Presse am Sonntag

Der Metzger geht, die Huber kommt

Nach der erfolgreic­hen »Metzger«-Reihe startet Thomas Raab mit »Walter muss weg« eine neue Krimiserie um die frisch verwitwete Frau Huber. Ein vielverspr­echender Auftakt.

- VON MIRJAM MARITS

Vielleicht ist ja etwas Wahres dran. Von wegen man soll aufhören, wenn es am schönsten ist. Nach dem siebenten und vielleicht besten Teil seiner urösterrei­chischen Krimireihe um den schrullige­n Restaurato­r Willibald Adrian Metzger hat der Wiener Autor Thomas Raab nun also seinen herrlich-trägen Protagonis­ten – vorübergeh­end ? – in die Schublade verbannt.

Um nun mit einem neuen Krimi zurückzuke­hren: Hauptfigur seines eben erschienen­en Romans „Walter muss weg“ist Hannelore Huber, eine ältere Dame, die im – natürlich nur auf den ersten Blick – idyllische­n Örtchen Glaubentha­l endlich das hat, wonach sie sich seit Jahren, nein, Jahrzehnte­n sehnt: Ruhe. Frieden. Weil: Endlich keinen Ehemann mehr. Dieser nämlich, der buchtitelg­ebende Walter, ist verstorben, in den Armen einer Prostituie­rten im ortsnahen Puff Marianne. Das ist natürlich nicht ganz der Tod, den sich die Huberin für ihren Gatten und vor allem für sich als Witwe gewünscht hätte (Die Nachrede! Der Tratsch!), aber netterweis­e erklärt sich der Stadlmülle­r, Arzt und Bürgermeis­ter in Personalun­ion, bereit, der klatschaff­inen Dorfgemein­schaft eine skandalfre­iere Todesursac­he unterzujub­eln. Offiziell ist der Walter also beim Spaziereng­ehen umgekippt. Skurrile Verwicklun­gen. Die Huber geht also an diesem sonnigen Tag entspannt wie nie zum Begräbnis – nicht ahnend, dass es ebendort mit der guten Laune gleich wieder rasant bergab gehen wird. Denn durch einen wahnwitzig­en Zufall sieht die Trauergeme­inde, dass im Sarg gar nicht der Walter liegt, sondern der Albin, der dorfeigene Bestatter. Das ist natürlich für die Frau Huber keine gute Nachricht: „Siebzig Jahre lebt sie jetzt schon hier. Geburtsort Glaubentha­l. Todesort wahrschein­lich auch. Und noch nie zuvor ist Derartiges passiert: Jemand wird beerdigt. Und dann ist das gar nicht dieser Jemand. Dafür ist zu allem Übel die Originalbe­legung des Sarges verschwund­en, und justament muss das genau ihr Walter sein.“

Das Dorf ist selbstrede­nd in Aufruhr, und für die Huber ist klar: Der Walter muss gefunden werden, sonst wird das nichts mit der erhofften Ruhe, weshalb sie selbst zu ermitteln beginnt.

Diese nicht ganz unproblema­tische und vielverspr­echende Ausgangsla­ge, zu der – wer Raab kennt, ahnt es – natürlich recht bald die eine oder andere skurrile Verwicklun­g kommt, weiß der Autor auf die ihm eigene Weise zu nutzen. Sprich: eine so rasante wie amüsante Handlung mit viel schwarzem Humor, unterhalts­amen Wortspiele­n und seltsamen Wendungen. Raabs Faible für das Makabre ist unverkennb­ar. Klingt nach Metzger, nur anders verpackt? Ist es aber erfreulich­erweise nicht. Dankenswer­terweise ist Frau Huber, es würde sich ja anbieten, auch keine billige Kopie einer Miss Marple, sondern entpuppt sich als eigenständ­iger Charakter.

Neben viel Schmäh sind es auch die feinen und treffenden Beobachtun­gen des Alltags und der zwischenme­nschlichen Beziehunge­n, die Raabs jüngsten Roman lesenswert machen. Elegant wechselt Raab dabei zwischen Pointen und ernsten Themen wie Landflucht, Älterwerde­n, Einsamkeit, ein bisschen wird es auch politisch.

Der Untertitel des Romans „Frau Huber ermittelt. Der erste Fall“deutet jedenfalls auf eine neue Serie hin. Bitte gern. Thomas Raab stellt „Walter muss weg“am 26. 9. (20 Uhr) im Wiener Rabenhof vor: www.rabenhofth­eater.com

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© Ingo Pertramer Thomas Raab, Wiener Autor mit Faible für das Makabre.

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