Der Kronzeuge
Donald Trumps früherer Wahlkampfchef Paul Manafort bekennt sich der Verschwörung schuldig und will mit Sonderermittler Robert Mueller in der Russland-Affäre kooperieren. Die große Frage ist: Wird er den Präsidenten belasten?
Noch vor wenigen Tagen lobte der US-Präsident den verurteilten Häftling in höchsten Tönen. Paul Manafort beweise Rückgrat, er halte dem Druck der Ermittler ehrenhaft stand. Im Gegensatz zu anderen Vertrauten würde der frühere Wahlkampfmanager niemals „umfallen“und mit Sonderermittler Robert Mueller kooperieren, erklärte Donald Trump. Nun tut Manafort genau das, und die Gegner des Präsidenten hoffen, dass der einstige Lobbyist Informationen rund um eine Einmischung Russlands in den Wahlkampf 2016 liefern wird.
Noch ist unklar, was die Kehrtwende des Paul Manafort für das Weiße Haus bedeutet und ob der 69-Jährige den Präsidenten tatsächlich belasten wird. Nur so viel: Manafort bekannte sich in Washington der Staatsverschwörung und der Zeugenbeeinflussung schuldig. Er kündigte an, mit Mueller zu kooperieren, dem Sonderermittler alle ihm bekannten Informationen zur Verfügung zu stellen und jederzeit für eine Zeugenaussage vor Gericht zur Verfügung zu stehen. Der für kommende Woche anstehende zweite Prozess gegen Manafort liegt nun vorläufig auf Eis. Es ist möglich, dass er gar nicht stattfinden wird.
Das Eingeständnis Manaforts ist zweifelsohne ein großer Erfolg für Mueller. Seit eineinhalb Jahren untersucht der ehemalige FBI-Chef die potenzielle Unterstützung Moskaus im Vorfeld der Wahl Trumps zum Präsidenten. Sieben ehemalige Vertraute des Staatschefs, auch Trumps einstiger Anwalt Michael Cohen oder der Sicherheitsberater Michael Flynn, haben mittlerweile Verbrechen gestanden beziehungsweise wurden verurteilt. Allerdings: In keinem der Fälle ging es direkt um Russland, sondern um Delikte wie Steuerhinterziehung, falsche Zeugenaussagen oder Bankbetrug. Strafminderung. Manafort wurde vergangenen Monat in Virginia verurteilt. Ihm drohte eine Haftstrafe von acht bis zehn Jahren, die nun im Zuge der Kooperation mit Mueller reduziert werden könnte. Vor seiner Zeit als Trumps Wahlkampfchef arbeitete der Lobbyist jahrelang für den damaligen ukrainischen Präsidenten Wiktor Janukowitsch. Dabei soll Manafort von 2010 bis 2014 mehr als 16 Millionen Dollar kassiert und nicht versteuert haben. Bei dem zweiten Prozess hätte es ebenfalls um Manaforts Arbeit für die Ukraine gehen sollen. Er registrierte sich erst 2017 als ein für eine ausländische Regierung arbeitender Agent. Deshalb auch das Geständnis der Staatsverschwörung: Der Lobbyist war von Juni bis August 2016 Trumps Wahlkampfmanager, er hätte seine Arbeit für prorussische Kräfte offenlegen müssen.
Klar ist: Wenn Trump tatsächlich mit Russland zusammengearbeitet hat, müsste Manafort mit großer Wahrscheinlichkeit davon gewusst haben. Der damalige Wahlkampfchef war unter anderem bei einem sagenumwobenen Treffen im New Yorker Trump Tower im Juni 2016 im Raum. Damals arrangierte eine Gruppe russischer Anwälte eine Zusammenkunft mit Trumps Team. Es sollte um Hillary Clinton gehen, die Juristen stellten schändliche Informationen in Aussicht. Außer Manafort waren der Sohn des Präsidenten, Donald Trump Junior, und der Schwiegersohn, Jared Kushner, mit dabei.
Es ist dieses Treffen, auf das sich Mueller in seinen Untersuchungen seit Monaten konzentriert. Wenn der nunmehrige Präsident davon wusste oder dabei war, könnte der Sonderermittler möglicherweise die Einleitung eines Amtsenthebungsverfahrens beantragen. Dieses müsste im Abgeordneten- haus mit einfacher Mehrheit und im Senat mit einer Zweidrittelmehrheit bestätigt werden, damit Trump aus dem Weißen Haus ausziehen müsste.
Nach derzeitigem Stand ist es höchst unwahrscheinlich, dass es dazu kommt. Vieles von dem, was bisher ans Tageslicht kam, mag ein schlechtes Licht auf den Präsidenten werfen, etwa die Affäre mit einem Pornostar im Jahr 2006 und die folgende Schweigegeldzahlung unmittelbar vor den Wahlen 2016. Trump mag mit der Überweisung ein Gesetz zur Wahlkampffinanzierung gebrochen haben, für eine Amtsenthebung wird das nicht ausreichen. Bei einer Zusammenarbeit mit Russland würde sich das Blatt möglicherweise wenden, auch republikanische Senatoren würden Trump dann womöglich fallen lassen.
Die Affäre Manafort könnte für den Präsidenten allerdings auch ein positives Ende nehmen. Wenn der ehemalige Lobbyist glaubhaft macht, dass Trump keine Ahnung von jeglicher Einmischung Russlands hatte, könnte es Mueller bei den bisher erreichten Verurteilungen belassen und seine Ermittlungen gegen den Präsidenten einstellen. Genau darauf hofft Trump seit Monaten. Er bestreitet alle Vorwürfe, bezeichnet die Arbeit von Mueller als „Hexenjagd“und fordert noch vor den Kongresswahlen im November ein Ende der Untersuchungen.