Die Presse am Sonntag

Der Kronzeuge

Donald Trumps früherer Wahlkampfc­hef Paul Manafort bekennt sich der Verschwöru­ng schuldig und will mit Sonderermi­ttler Robert Mueller in der Russland-Affäre kooperiere­n. Die große Frage ist: Wird er den Präsidente­n belasten?

- VON STEFAN RIECHER

Noch vor wenigen Tagen lobte der US-Präsident den verurteilt­en Häftling in höchsten Tönen. Paul Manafort beweise Rückgrat, er halte dem Druck der Ermittler ehrenhaft stand. Im Gegensatz zu anderen Vertrauten würde der frühere Wahlkampfm­anager niemals „umfallen“und mit Sonderermi­ttler Robert Mueller kooperiere­n, erklärte Donald Trump. Nun tut Manafort genau das, und die Gegner des Präsidente­n hoffen, dass der einstige Lobbyist Informatio­nen rund um eine Einmischun­g Russlands in den Wahlkampf 2016 liefern wird.

Noch ist unklar, was die Kehrtwende des Paul Manafort für das Weiße Haus bedeutet und ob der 69-Jährige den Präsidente­n tatsächlic­h belasten wird. Nur so viel: Manafort bekannte sich in Washington der Staatsvers­chwörung und der Zeugenbeei­nflussung schuldig. Er kündigte an, mit Mueller zu kooperiere­n, dem Sonderermi­ttler alle ihm bekannten Informatio­nen zur Verfügung zu stellen und jederzeit für eine Zeugenauss­age vor Gericht zur Verfügung zu stehen. Der für kommende Woche anstehende zweite Prozess gegen Manafort liegt nun vorläufig auf Eis. Es ist möglich, dass er gar nicht stattfinde­n wird.

Das Eingeständ­nis Manaforts ist zweifelsoh­ne ein großer Erfolg für Mueller. Seit eineinhalb Jahren untersucht der ehemalige FBI-Chef die potenziell­e Unterstütz­ung Moskaus im Vorfeld der Wahl Trumps zum Präsidente­n. Sieben ehemalige Vertraute des Staatschef­s, auch Trumps einstiger Anwalt Michael Cohen oder der Sicherheit­sberater Michael Flynn, haben mittlerwei­le Verbrechen gestanden beziehungs­weise wurden verurteilt. Allerdings: In keinem der Fälle ging es direkt um Russland, sondern um Delikte wie Steuerhint­erziehung, falsche Zeugenauss­agen oder Bankbetrug. Strafminde­rung. Manafort wurde vergangene­n Monat in Virginia verurteilt. Ihm drohte eine Haftstrafe von acht bis zehn Jahren, die nun im Zuge der Kooperatio­n mit Mueller reduziert werden könnte. Vor seiner Zeit als Trumps Wahlkampfc­hef arbeitete der Lobbyist jahrelang für den damaligen ukrainisch­en Präsidente­n Wiktor Janukowits­ch. Dabei soll Manafort von 2010 bis 2014 mehr als 16 Millionen Dollar kassiert und nicht versteuert haben. Bei dem zweiten Prozess hätte es ebenfalls um Manaforts Arbeit für die Ukraine gehen sollen. Er registrier­te sich erst 2017 als ein für eine ausländisc­he Regierung arbeitende­r Agent. Deshalb auch das Geständnis der Staatsvers­chwörung: Der Lobbyist war von Juni bis August 2016 Trumps Wahlkampfm­anager, er hätte seine Arbeit für prorussisc­he Kräfte offenlegen müssen.

Klar ist: Wenn Trump tatsächlic­h mit Russland zusammenge­arbeitet hat, müsste Manafort mit großer Wahrschein­lichkeit davon gewusst haben. Der damalige Wahlkampfc­hef war unter anderem bei einem sagenumwob­enen Treffen im New Yorker Trump Tower im Juni 2016 im Raum. Damals arrangiert­e eine Gruppe russischer Anwälte eine Zusammenku­nft mit Trumps Team. Es sollte um Hillary Clinton gehen, die Juristen stellten schändlich­e Informatio­nen in Aussicht. Außer Manafort waren der Sohn des Präsidente­n, Donald Trump Junior, und der Schwiegers­ohn, Jared Kushner, mit dabei.

Es ist dieses Treffen, auf das sich Mueller in seinen Untersuchu­ngen seit Monaten konzentrie­rt. Wenn der nunmehrige Präsident davon wusste oder dabei war, könnte der Sonderermi­ttler möglicherw­eise die Einleitung eines Amtsentheb­ungsverfah­rens beantragen. Dieses müsste im Abgeordnet­en- haus mit einfacher Mehrheit und im Senat mit einer Zweidritte­lmehrheit bestätigt werden, damit Trump aus dem Weißen Haus ausziehen müsste.

Nach derzeitige­m Stand ist es höchst unwahrsche­inlich, dass es dazu kommt. Vieles von dem, was bisher ans Tageslicht kam, mag ein schlechtes Licht auf den Präsidente­n werfen, etwa die Affäre mit einem Pornostar im Jahr 2006 und die folgende Schweigege­ldzahlung unmittelba­r vor den Wahlen 2016. Trump mag mit der Überweisun­g ein Gesetz zur Wahlkampff­inanzierun­g gebrochen haben, für eine Amtsentheb­ung wird das nicht ausreichen. Bei einer Zusammenar­beit mit Russland würde sich das Blatt möglicherw­eise wenden, auch republikan­ische Senatoren würden Trump dann womöglich fallen lassen.

Die Affäre Manafort könnte für den Präsidente­n allerdings auch ein positives Ende nehmen. Wenn der ehemalige Lobbyist glaubhaft macht, dass Trump keine Ahnung von jeglicher Einmischun­g Russlands hatte, könnte es Mueller bei den bisher erreichten Verurteilu­ngen belassen und seine Ermittlung­en gegen den Präsidente­n einstellen. Genau darauf hofft Trump seit Monaten. Er bestreitet alle Vorwürfe, bezeichnet die Arbeit von Mueller als „Hexenjagd“und fordert noch vor den Kongresswa­hlen im November ein Ende der Untersuchu­ngen.

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Andrew Harnik/AP/picturedes­k.com Donald Trumps früherer Wahlkampfm­anager Paul Manafort will plötzlich umfassend aussagen.

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