Werbung, die keiner bemerkt
Vor allem Influencer tarnen Werbung oft sehr gekonnt.
Warten in der Arztpraxis, Fahrten in der U-Bahn und endlose Besprechungen lassen sich mit Fotoschauen auf Instagram verkürzen. Für jeden Geschmack – so ausgefallen kann er gar nicht sein – finden sich auf dieser Onlineplattform irgendwelche Bildchen. Und diese lenken vom eigenen – womöglich öden – Alltag ab. Was die meisten Betrachter dabei nicht bemerken, ja auch gar nicht bemerken sollen, ist, mit wie viel Werbung sie beim Fotoscrollen versteckt bombardiert werden. Kein Wunder: Wem fällt schon auf, wenn neben dem sportlichen FashionMann, der im Waschsalon cool am Boden kauert, eine Packung eines ganz bestimmten Waschmittels steht? Oder wenn eine junge Beauty an der Strandbar ein Kleidchen just so trägt, dass das Markenlogo nicht zu übersehen ist?
Nicht bewusst bemerkt heißt aber keineswegs nicht wahrgenommen, wissen Werbeexperten. Beim nächsten Mal greift man dann doch lieber zum Waschmittel des Schönlings. Verstöße sind häufig. Deshalb zahlen viele Marken sogenannten Influencern (also Leute, denen viele Tausende Nutzer folgen) eine Menge Geld, damit diese für sie als Werbeträger fungieren. Dagegen ist nichts einzuwenden, solange der Nutzer weiß, dass es sich um kein privates Posting seines Idols, sondern um Advertising handelt. „Und das ist sehr häufig nicht der Fall“, sagt IT-RechtSpezialist Georg Kresbach. „Während sich etablierte Firmen in der Regel an die Kennzeichnungsvorschriften halten, tun das Blogger, die von überall her grüßen, oft nicht.“
Doch wie deutlich hat entgeltliche Werbung auf Instagram als solche gekennzeichnet zu sein? Genügt es, wenn sich unter dem Posting die Kennzeichnung ad oder advertisement findet? Wenn ja, muss dieser Hashtag der erste sein oder reicht es, wenn er sich in einer Kaskade von anderen Hashtags versteckt?
In Deutschland ist die Frage nach einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Celle aus dem Jahr 2017 beantwortet. Im konkreten Fall hat ein 20-jähriger Blogger, dem 1,3 Mio. Abonnenten folgen, Produkte der Drogeriekette Rossmann beworben. Das versuchte er zu verschleiern, indem er ad recht klein unter anderen Hashtags positionierte. Diesem Vorgehen erteilte das Gericht eine Abfuhr und nahm nicht nur den Influencer, sondern auch die Drogeriekette in die Pflicht. Sollte sie erneut auf diese Weise Kosmetika bewerben, drohen ihr 250.000 Euro Strafe. Auf einen Blick erkennbar. „Auch in Österreich wäre ad oder spon keine ausreichende Kennzeichnung“, sagt Kresbach. „Es gilt: Je deutlicher, desto besser. Der kommerzielle Zweck muss auf den ersten Blick hervortreten. Die Begriffe ,Werbung‘, ,Anzeige‘, ,Gesponsert‘ oder ,Entgeltliche Einschaltung‘ sind erforderlich, um die gesetzlichen Kennzeichnungspflichten zu erfüllen.“Im Wesentlichen gilt diese Aussage für den gesamten EU-Raum, denn mit der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken (UGP RL 2005/29/EG) wurden die Bestimmungen bereits vereinheitlicht.
Was aber passiert, wenn ein österreichischer Influencer Produkte auf dem österreichischen Markt gesetzwidrig bewirbt? Anwalt Kresbach: „Schutzverbände und Mitbewerber könnten gegen den Influencer eine Unterlassungsklage samt Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung einbringen, mit dem Ziel, die nicht gekennzeichnete Werbung sofort einzustellen. Der Influencer gilt dann nicht als Privatperson, sondern als jemand, der sich am Geschäftsleben mittels Werbung beteiligt.“Der Haken dabei: Wer gilt denn als Mitbewerber eines Influencers? „Wohl nur ein anderer Influencer, der sich allerdings gesetzeskonform verhält“, sagt Kresbach: „Und ich hege so meine Zweifel, dass ein Influencer gegen einen anderen wirklich gerichtlich vorgehen würde.“