Die Presse am Sonntag

»Männlichke­it kann toxisch sein «

In »Book Club« lesen Seniorinne­n gemeinsam den Erotik-Bestseller »Fifty Shades of Grey«. Im Gespräch mit der »Presse am Sonntag« verrät Jane Fonda die wahren Bücher ihres Lebens. Eines hat sie dazu gebracht, ihren Mann zu verlassen und Friedensak­tivistin

- VON RÜDIGER STURM

Sie haben im Vorjahr Ihren 80. Geburtstag gefeiert und wirken keine Spur müde. Mit der Komödie „Book Club – Das Beste kommt noch“landeten Sie einen Erfolg, für die Kosmetikfi­rma L’Or´eal touren Sie um die Welt. Woher nehmen Sie die Energie? Jane Fonda: Schlaf. Und zwar viel davon. Ich genehmige mir neun Stunden pro Nacht. Aber ich hatte immer schon viel Energie, das muss an meinen Genen liegen. Früher war diese Energie auch von Anspannung begleitet, jetzt ist sie gut und gesund. Sie nehmen sich hoffentlic­h auch noch genügend Zeit zum Lesen – so wie die Heldinnen Ihres Films. Absolut. Welche Bücher waren denn in Ihrem Leben wichtig? Es gab zwei, die mein Leben verändert haben. Das erste war „The Village of Ben Suc“von Jonathan Schell, das mir die Augen über den Vietnamkri­eg geöffnet hat. Damals lebte ich verheirate­t in Frankreich. Und als Konsequenz verließ ich meinen Mann und das Land, ging in die Staaten zurück und wurde Friedensak­tivistin. Das zweite war die Autobiogra­fie von Malcolm X. Dadurch habe ich begriffen, dass Rassismus das Krebsgesch­wür unseres Landes ist, das auf dem Rücken der Sklaverei errichtet wurde. Und die Wahl von Donald Trump hat nur gezeigt, dass dieses Denken immer noch so ausgeprägt ist wie früher. Auch jetzt lese ich vorzugswei­se Bücher, um die Rassenfrag­e zu verstehen. Romane, wie sie die meisten Menschen lesen, interessie­ren mich dagegen nicht so sehr. Wie ist es mit „Fifty Shades of Grey“, der das Liebeslebe­n der Filmfigure­n wieder in Schwung bringt? Das habe ich gelesen. Ich wollte schließlic­h wissen, wovon alle anderen redeten. Ich persönlich habe keine sexuelle Anregung gebraucht, weil ich alles Mögliche in der Hinsicht ausgeteste­t hatte. Zumindest haben Sie mit Männern umfangreic­he Erfahrunge­n gesammelt. Was waren Ihre wichtigste­n Erkenntnis­se über das andere Geschlecht? Dass viele Männer nicht imstande sind, mit ihren Emotionen umzugehen. Schon wenn sie klein sind, sagt man ihnen, dass sie nicht weinen und kein Muttersöhn­chen sein sollen. Lieber sollen sie andere Buben vermöbeln. Das wird ihnen explizit von ihren Eltern

1937

in New York als Tochter von Henry Fonda und Schwester von Peter Fonda geboren, entwickelt­e sich Jane Fonda in den 1960er- und 1970erJahr­en vom Sexsymbol zur ernsthafte­n Darsteller­in.

1972 und 1979

gewann sie je einen Oscar. Später avancierte sie mit Aerobicvid­eos zur Vorturneri­n. Diese Woche wurde in Los Angeles eine HBODoku über ihr Leben präsentier­t: „Jane Fonda in Five Acts“. beigebrach­t und implizit vom Zeitgeist. Sie trennen also zwischen Herz und Gehirn. Wenn sie dann älter werden, fühlen sie sich nicht mehr männlich genug, wenn sie keine Beute nach Hause bringen. Sie kommen sich gedemütigt vor, als Konsequenz werden sie gewalttäti­g. Männlichke­it kann sehr toxisch sein. Wie viele Präsidente­n haben wir gewählt, die nicht zu Empathie imstande sind? Wie kamen Sie zu diesen Erkenntnis­sen? Ich habe viele Bücher gelesen, und auf diese Weise habe ich gelernt, AlphaMännc­hen wie meinen Ex-Mann Ted Turner zu verstehen. Aufgrund ihrer Prägung haben Männer keine so hohe Lebenserwa­rtung wie wir Frauen. Das haben Studien bewiesen. Denn wir haben aufgrund unserer Emotionali­tät eine ganz andere Art von Beziehunge­n. Frauenfreu­ndschaften sind viel intimer und enger. Und das ist immer noch so? Vom Grundprinz­ip her ja. Wenn wir unsere Freundinne­n wiedersehe­n, spielt es keine Rolle, wie lang das letzte Mal her war, wir sprechen sofort wieder über seelisch tief greifende Themen. Wir fürchten uns nicht, die andere um Hilfe zu bitten. Männer machen das in der Regel nicht. Sie tun mir richtig leid. Und all das sind Gründe, weshalb ich liebend gern einen Film wie „Book Club“gemacht habe. Denn er zeigt, wie interessan­te und komplexe Frauen sich gegenseiti­g unterstütz­en. Haben Sie auch so langjährig­e Freundinne­n wie im Film? Leider sind die meisten meiner Freundinne­n von früher tot. Wenn du 80 bist, dann musst du das miterleben. Meine besten Freundinne­n sind also alle jünger als ich. Fürchten Sie sich vor dem Tod? Nein. Ich habe schon lang begriffen, dass das Leben ohne den Tod keinen Sinn ergibt. Ich habe nur Angst davor, mit Bedauern aus dem Leben zu scheiden. Das habe ich bei meinem Vater erlebt. Er hat auf dem Sterbebett vieles bereut. Ich versuche so zu leben, dass mir das möglichst nicht passiert.

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Reuters Sie selbst habe Fonda, seien schon tot. Freundinne­n, sagt Jane Die meisten ihrer früheren – nur davor, etwas zu bedauern. keine Angst vor dem Ende

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