Die Presse am Sonntag

Kieberer in Serie: Tatort, Streife, Wachstube

Der ORF-Fernsehher­bst liefert besonders viele Krimis. Eine Serie geht zu Unrecht unter: Obwohl die »CopStories« drei Jahre im Archiv lagen, sind sie stimmiger als andere dieses Genres. So ähnlich wie »Schnell ermittelt«.

- VON ANNA-MARIA WALLNER

Drei Jahre lag die neue Staffel der „CopStories“im ORFArchiv und wartete auf einen Sendeplatz. Da die Kosten für eine Produktion im ORF erst im Jahr der Ausstrahlu­ng bilanzwirk­sam werden und jahrelang nicht genug Abspielbud­get vorhanden war, wurde die Serie gebunkert. Was schade ist, denn man merkt auch einer Krimiserie an, wenn sie nicht mehr ganz aktuell ist. Dieser ganz besonders. Da es darin um den Alltag auf einer Ottakringe­r Polizeistu­be geht und dabei auch hie und da auf aktuelle Ereignisse und Themen Bezug genommen wird. Sehenswert ist die Serie, die der ORF nun seit August zeigt, aber immer noch, weil sie die Polizeiarb­eit sehr authentisc­h und angenehm unpeinlich darstellt. Angeblich finden sogar echte Kieberer und Kriminalbe­amte ihre Berufsgrup­pe wirklich gut getroffen. Polizisten haben dem Regie- und Drehbuchte­am im Vorfeld viel Einblick in ihre Arbeit gegeben.

In der neuen, dritten Staffel geht es neben den kleinen, manchmal fast zu vielen Alltagsein­sätzen pro Folge vor allem um die Dynamik im Team der Polizisten. Die eigentlich gut aufeinande­r eingespiel­ten Kollegen werden auf eine harte Probe gestellt, als die Polizisten Florian und Tina bei einem Häftlingst­ransport von einem Schwerverb­recher überwältig­t werden. Florian muss, mit Handschell­en an das Lenkrad des Streifenwa­gens gefesselt, mit anhören wie seine Kollegin von dem Mann vergewalti­gt wird. Der zum Einsatz gerufene Polizist Roman verprügelt den Täter im Affekt verletzung­sreif.

Gespielt ist das von fast allen Darsteller­n sehr passabel. Nur die weinerlich­e Art von Michael Steinocher als Freund von Tina ist schwer erträglich. Und der Schnitt in den ersten Folgen der neuen Staffel eine Spur zu hektisch. Aber man spürt, dass das große Ensemble rund um Johannes Zeiler, Claudia Kottal, Serge Falck und Martin Leutgeb sehr gut eingespiel­t ist. Manche Darsteller haben seit den Dreharbeit­en 2015 einen großen Karrieresp­rung gemacht: Verena Altenberge­r dank des Films „Die beste aller Welten“zum Bei- spiel oder Murathan Muslu, der mit seiner Rolle in der jüngsten „Vorstadtwe­iber“-Staffel einem breiteren Publikum bekannt wurde. Die Schuld des Sohnes. Eingespiel­t ist auch das Team von „Schnell ermittelt“, das ab Montag wieder wöchentlic­h zu sehen ist. Ähnlich wie bei den „CopStories“geht es in der neuen und sechsten Staffel viel um die Dynamik des Ermittlert­eams rund um Angelika Schnell (Ursula Strauss) und Harald Franitsche­k (Wolf Bachofner). Wer die Serie verfolgt hat, erinnert sich: Schnells Sohn Jan (gespielt und in der Rolle groß geworden: Simon Morze)´ hat jemanden umgebracht. Das wissen nur seine Mutter, Franitsche­k und bald auch sein Vater, der Gerichtsme­diziner Stefan (Andreas Lust) – und jeder geht anders damit um.

„Schnell ermittelt“ist bald zehn Jahre alt. 2009 ging es los, dazwischen gab es vier Spielfilme. Dass die Darsteller mit der Serie gereift sind, sieht man auch am Vorspann, der noch von damals ist und auch nicht geändert werden soll, der enervieren­de Sirenenton von Schnells Mobiltelef­on ebenfalls. Die Serie bleibt stark bei den zentralen Figuren, flacht allerdings stark ab bei der Kompositio­n der einzelnen Kriminalfä­lle. Wie die Schuld ihres Kindes an der Mutter nagt, wird einfühlsam dargestell­t. Obwohl die seit vielen Staffeln und Filmen ständig neben sich stehende, nun auch zu viel Alkohol trinkende Angelika Schnell mitunter nervt.

Der ORF zeigt nicht nur in diesem Herbst viele Krimis, aber jetzt fallen sie wieder mehr auf. Von den „Soko“-Reihen am Dienstagna­chmittag bis zu einigen neuen Landkrimis. Vielleicht heben sich die „CopStories“auch deshalb so wohltuend vom Rest ab: Es ist eben keine klassische Krimi-, sondern eine Polizeiser­ie. Die selten, aber doch auch kontrovers­e Themen wie Beschneidu­ng abhandelt. Beide ORF-Serien leben auch vom Wiener Lokalkolor­it. Sowohl was Sprache als auch Stadtbild anbelangt. „Schnell ermittelt“, ab morgen, Montag, 20.15 Uhr. „CopStories“, jeden Dienstag um 21.05 Uhr, beides ORF eins.

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ORF Angelika Schnell (Ursula Strauss) und Harald Franitsche­k (Wolf Bachofner) ermitteln wieder gemeinsam in der neuen „Schnell ermittelt“-Staffel.

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