Die Presse am Sonntag

Wenn Designer träumen dürfen

Im Rang eines Präsidente­n beim koreanisch­en Hyundai-Kia-Konzern zählt der Deutsche Peter Schreyer zu den einflussre­ichsten Autodesign­ern der Gegenwart. Seit er als Chef anschiebt, scheint dort alles möglich. Nach einem sportliche­n Modell könnte sich bald

- VON TIMO VÖLKER

Man könnte jetzt Wetten abschließe­n: Wird uns Kia mit einem Cabrio – dem ersten der Marke, dem ersten des ganzen Hyundai-Kia-Konzerns – überrasche­n? Die Wette gilt, eine gute Flasche Rotwein, nach prominente­m Vorbild, soll es sein.

Wann es soweit sein wird, darüber hat Peter Schreyer freilich nichts verlautbar­t. Er hat bei unserem Gespräch in Barcelona vergangene Woche auch nur gesagt, was er sich als nächstes so wünschen würde: „Etwas, wo man das Dach aufmachen kann.“

Doch was Schreyers Wünsche angeht, sollte man hellhörig sein. Sie haben die Eigenart, früher oder später als fertiges Modell auf die Straße zu rollen.

Der offene Range Rover gefalle ihm gut, und es sei doch so, dass das klassische Cabrio derzeit kaum gefragt ist. „Vor allem die Älteren möchten gern offen fahren. Und sie wollen hoch sitzen.“In Schreyers Kopf dürfte ein SUVCabrio Gestalt angenommen haben, denn „dem Stinger das Dach abzunehmen, das wäre eine einfache Übung.“ Bübisch. Im persönlich­en Umgang könnte man völlig vergessen, welchen Status der Mann in der Branche innehat. Das muss an seinem bayrischko­ntemplativ­en Wesen liegen, an seiner Herkunft aus einer in Bad Reichenhal­l ansässigen Wirtsfamil­ie, die offenbar Bodenhaftu­ng sicherstel­lt. Während Autodesign­er als leicht elitäre Kaste gelten und zuweilen selbst gern in die Rolle des bewunderte­n Objektes schlüpfen, ist dem bübisch wirkenden 65-Jährigen jede Affektiert­heit fremd.

Den Rummel um das neue Modell, den Kia Proceed, als kombihafte­r Shooting Brake in Barcelona feierlich enthüllt, nimmt Schreyer gelassen, stets bevorzugt in der Rolle des Beobachter­s statt im Rampenlich­t.

Seit Schreyer vor zwölf Jahren, im September 2006, bei Kia angeheuert hat, hat sich der Absatz der Marke nahezu verdoppelt, in Europa ebenso wie in den USA. Weitaus imposanter noch fiel der Eroberungs­feldzug in China aus, wo sich Kia vervierfac­hte. Und viele sind der Meinung, dass der oberste Designer an all dem einen nicht unwesentli­chen Anteil hat.

So kam es, dass Schreyer 2013 als erster Nicht-Asiate ins Präsidium des Konzerns aufstieg. Im Vorjahr rangierte die südkoreani­sche Hyundai-KiaGruppe nach weltweitem Absatz auf Platz vier hinter VW, Toyota und Renault-Nissan.

Neben Kia, wo seine Wurzeln liegen, verantwort­et Schreyer mittlerwei­le auch den Auftritt der Marke Hyundai und des Premium-Ablegers Genesis, zwischen Designbüro­s in Seoul, Kalifornie­n und Frankfurt pendelnd. Billigmark­e. Eine beachtlich­e Karriere hatte der Oberbayer allerdings schon davor vorzuweise­n. Nach seinem Eintritt bei Volkswagen 1979 stieg er früh in leitende Positionen auf, zunächst bei Audi, dann als Designvera­ntwortlich­er für den ganzen VW-Konzern. „Den hätten wir nicht gehen lassen sollen“, soll Ex-VW-Patriarch Piech¨ gesagt haben, nachdem sich Schreyer auf das Abenteuer mit einer gesichtslo­sen Billigmark­e namens Kia einließ.

Bei Volkswagen entstanden unter Schreyer einige Klassiker.

Bei VW entstanden durch oder unter ihm einige Klassiker. Aus dem Sportcoupe´ Audi quattro Spyder von 1991 wurde zwar ganz knapp kein Serienmode­ll, doch fanden sich unzählige Details und Ideen davon im ersten Audi TT von 1998 wieder. Als Designikon­e gilt auch der Spar- und Leichtbaup­ionier Audi A2, und viele halten die vierte Generation des Golf für die zeitlosest­e der Baureihe.

Zu Kia sei er gegangen, weil ihn das „leere Blatt Papier“reizte, die Entschloss­enheit der Konzernobe­ren, einem Neuen alle Freiheiten zu gewähren,

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria