Die Presse am Sonntag

Mutlose EZB sucht Rat bei den Amerikaner­n

Während die EZB die ersten Zinsschrit­te 2011 vermasselt hat, hat die Fed nun hinreichen­d gezeigt, wie es funktionie­rt.

- BLOOMBERG/EST

Da die US-Notenbank Fed mit ihrem Ausstieg aus der ultralocke­ren Geldpoliti­k zügig vorankommt und nachdem sie am Mittwoch die dritte Leitzinser­höhung in diesem Jahr vollzogen hat, wird ein solcher Weg auch an den Schaltstel­len der europäisch­en Geldpoliti­k verstärkt zum Thema. Es scheint höchst an der Zeit, zumindest einmal die Diskussion zu forcieren. Immerhin befinden sich die USA bereits seit drei Jahren im Zinserhöhu­ngszyklus.

Bei der Europäisch­en Zentralban­k (EZB) in Frankfurt jedoch herrscht sichtlich Unsicherhe­it, steckt den Verantwort­lichen doch noch der Schrecken aus dem Jahr 2011 in den Knochen. Der damalige Versuch, Zinserhöhu­ngen vorzunehme­n, ist nämlich gehörig danebengeg­angen. Am Ende mussten zwei Zinsschrit­te rückgängig gemacht werden, weil die Eurozone begonnen hat, in eine Rezession zu schlittern. Eine solche negative Auswirkung will man beim nächsten Ausstiegsv­ersuch tunlichst vermeiden.

Nicht zufällig beginnen die Euro-Währungshü­ter intensiver zu ihren Kollegen in den USA zu blicken, wie Bloomberg dieser Tage geschriebe­n hat. Das US-Vorgehen kann ja mittlerwei­le längst als erfolgreic­hes Mustermode­ll angesehen werden, wie man Investoren kommunikat­ionstechni­sch entspreche­nd auf die Veränderun­gen vorbereite­t und man so Verwerfung­en auf den Märkten verhindert.

Der EZB-Rat unter Präsident Mario Draghi hat signalisie­rt, dass die Fremdkapit­alkosten „mindestens bis zum Sommer 2019“auf Rekordtief­s bleiben. Aber zwei Direktoriu­msmitglied­er sprechen bereits darüber, was danach passieren wird, zumal die Wirtschaft jetzt viel robuster dasteht. Benoˆıt Coeure´ und Peter Praet möchten mehr über das Tempo der Erhöhungen reden, um keine Störung der Märkte hervorzuru­fen, so Bloomberg. Die Kommunikat­ion darüber, wie die Geldpoliti­k über die erste Straffung hinaus anzupassen sei, werde 2019 „immer mehr an Bedeutung“gewinnen, sagte EZB-Chefvolksw­irt Praet am Donnerstag in New York.

„Wenn die EZB die Kontrolle behalten will, sollte sie so früh wie möglich damit beginnen, über ihre Pläne zu reden“, meint Anatoli Annenkov, leitender Ökonom bei der Societ´e´ Gen´erale´ in London. „Es gibt genügend Anhaltspun­kte dafür, dass die Kommunikat­ion zuweilen schwierig ist und die Märkte einem möglicherw­eise nicht glauben.

Allgemein wird davon ausgegange­n, dass die EZB Ende 2019 die Zinswende einleiten wird.

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