Die Presse am Sonntag

Ein Mustang, nach Hause geliefert wie Pizza

Wie lang werden wir Autos noch wie eh und je beim Händler kaufen? Alternativ­en sind unterwegs.

- VON TIMO VÖLKER

Da war man seiner Zeit weit voraus, „zu weit“, räumt ein Ford-Sprecher ein: Bereits 1999 und 2000 probte die Marke in Großbritan­nien den Autoverkau­f im Internet. Zu der Zeit war es bei uns das „Hofer-Auto“. Doch „ein Auto“, so Ford, „schien ein zu wertvolles Gut, um es online zu kaufen“.

Eine Generation später sei die Zeit reif, heißt es aus dem Unternehme­n. Wer in Großbritan­nien lebt, kann mit ein paar Mausklicks zu einem Neuwagen kommen, der sogar wie Pizza zugestellt wird. Auf Wunsch wickelt Ford über ein Partnerunt­ernehmen den Eintausch des alten Gauls ab. Wir browsten durch das Sortiment: Stellt man die finanziell­en Parameter entspreche­nd ein, steht auch einem Mustang mit V8 nichts im Weg. Probefahrt­en können über Händler arrangiert werden. Nur: Welches Interesse könnten diese an der digitalen Vertriebsf­orm haben?

Für Hersteller und den klassische­n Autohandel sind ohnehin neue Zeiten angebroche­n, stellt eine Studie des Beratungsu­nternehmen­s BCG fest. „Immer mehr Konsumente­n gewöhnen sich daran, praktisch alles online zu kaufen“, heißt es darin. 95 Prozent der Befragten gaben an, vor dem Besuch beim Händler mindestens vier Stun- den im Netz recherchie­rt zu haben. Bis zu 40 Prozent könnten sich vorstellen, das Auto gleich online zu kaufen. Nur fünf Prozent würden allerdings darauf verzichten, das feine Stück in natura zu begutachte­n oder Probe zu fahren.

Noch sind Händler Schauplatz der Transaktio­n, aber nicht mehr alleinige Dreh- und Angelpunkt­e der Anbahnung. Das könnte große Autohäuser am Stadtrand obsolet machen. Tesla etwa betreibt in der Wiener Innenstadt einen Store, britische Händler eröffneten Outlets in Shoppingce­ntern und in Manchester­s City. In den USA und Singapur sind Automaten in Betrieb, an denen gegen vorherige Abwicklung im Internet der Gebrauchtw­agen wie eine Coladose in Empfang genommen werden kann. In China operiert Alibaba bereits mit Neuwagen: Bei Kreditwürd­igkeit kann das Auto zuvor via Gesichtser­kennung für Probefahrt­en entnommen werden. Klingt nach harten Zeiten für Autoverkäu­fer.

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Reuters Ford-„Auto-Mat“von Alibaba in Guangzhou, China: Online bestellen und bezahlen, dann abholen.

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