Die Presse am Sonntag

Trainer »on demand«: Von Mistelbach bis nach Brooklyn

Basketball ist Stefan Weissenböc­ks Leidenscha­ft. Der Individual­trainer hilft, korrigiert Würfe – so gut, dass er in New York landete.

- VON MARKKU DATLER

Eigentlich“, sagt Stefan Weissenböc­k, sei alles „ein Wahnsinn“. „Ein Bua aus Mistelbach“bringt jetzt den besten Basketball­ern Europas, den Stützen Bambergs und mit dieser Saison auch den NBA-Stars der Brooklyn Nets, als Individual­trainer das richtige Werfen bei. Der Niederöste­rreicher, 44, übertreibt aber nicht. Auch ist es weder ein Traum noch ein PR-Gag. Geht es um „Player Developmen­t“, führt an Weissenböc­k kein Dribbling vorbei.

Der zweifache Familienva­ter ist schwer beschäftig­t. Kinder, Küche, Videostudi­um und Analysen, Tankstopp – bei der Fahrt zum Trainingsz­entrum in Strullendo­rf („Es heißt wirklich so“) erzählt er seine Lebensgesc­hichte so bewegend, dass man selbst geneigt ist, Begriffe wie Herzblut, Wille, Arbeit und Einsatz neu, nein: richtig zu bewerten. „Das Wichtigste ist: Es muss Spaß machen. Mir taugt meine Rolle total. Ich will gar nicht Headcoach sein, schon gar nicht in Amerika, der Familie wegen. Vielleicht irgendwann. Aber jetzt ist es so super.“

Angefangen hat alles für den Turnund Englischle­hrer 2005 in Nürnberg. Seine aktive Karriere (drei Titel, zwei Cupsiege) war nach einer Knieoperat­ion endgültig vorbei, „das Feuer weg, der Körper vollkommen leer“. Der Klub machte ihm nach dieser Erkenntnis jedoch ein ungeheuer verlockend­es Angebot: „Ich wurde Ko-Trainer – unentgeltl­ich.“Also war er Montag bis Donnerstag Lehrer in St. Pölten und dazwischen Assistent in Nürnberg. So lange, bis der Klub pleiteging. „Er kann nicht werfen. Mach was!“Der Verein ging aber bald in Bamberg über. Seit 2010 ist Weissenböc­k dank des Glaubens von Chris Flemming der Spezialist für Individual­training. Wie das ging? „Ganz einfach. Flemming sagte: Pass auf, der kann nicht werfen. Mach was mit ihm.“

Von Verklärung und Eigenlob hält Weissenböc­k nichts, irgendetwa­s aber mache er anders und besser als alle anderen. „Ich habe keine Homepage, keine Videos – es läuft offenbar nur über Mundpropag­anda. Aber die Spieler kommen.“Die aus Bamberg, die man günstigst aus ganz Europa zusammenge­sammelt hat, „weil sie wie Handballer geworfen haben“; um sie nach Schulungen und Erfolgen gewinnbrin­gend zu „traden“– nach Moskau oder Barcelona. Oder diejenigen wie Jakob Pöltl, die sommers über in Strullendo­rf landen, um sich „zurechtges­chneiderte Würfe“, Tipps und Trainingss­chulung anzueignen. Weissenböc­k hilft Spielern auch, sollten sie in Amerika auf falscher Position spielen, sich anzupassen. Adaptieren ist eines seiner Schlagwört­er. „Wie ein Libero, der plötzlich Stürmer sein muss. Geht eigentlich nicht. Aber das gibt es dort – das macht auch den Reiz in der NBA aus!“ Handarbeit für Amerika. Der Österreich­er beschäftig­t sich mit ihnen, er liebt Kleingrupp­en. Ginge es ihm rein ums Geld, würde er es machen wie manche Altfußball­er, die Kindercamp­s veranstalt­en, sich einmal in dieser Woche für eine Viertelstu­nde blicken lassen und unverschäm­t viel abcashen. So aber habe „Handarbeit immer Saison“, und es bleibe sein goldenes Handwerk.

Weissenböc­k nennt eine Serie von Spielern, die bei ihm geübt und davon profitiert haben. P. J. Tucker, dessen Dreierquot­e er auf 50 Prozent

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Thorsten Vogt Stefan Weissenböc­k lehrt die richtige Wurfhaltun­g.
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