Frischer Wind für das Waldviertel
Unternehmen mit Verantwortung. Ihre Aktionäre sind Bauern, die Mitarbeiter aus Konkursen übernommen. Die WEB formt in einer Grenzregion die Energiewende mit.
Die Stammaktionäre des Windkraftbetreibers WEB sind anders. Sie kommen auf ihren schweren Traktoren regelmäßig auf einen Plausch in der Konzernzentrale vorbei. Auf Traktoren, die sie später als geplant angeschafft haben, um 100.000 Euro in die WEB und ihren sauberen Strom zu investieren.
Dass diese Firma, die in den 1990erJahren mit einer Gruppe Idealisten und einem selbst finanzierten Windrad im niederösterreichischen Michelbach angefangen hat, anders funktioniert, erkannten die Manager Michael Trcka und Frank Dumeier schnell. Der Wiener und der Norddeutsche traten vor fast zehn Jahren im kleinen Waldviertler Ort Pfaffenschlag an, um das Geschäft zu „professionalisieren“.
Das funktionierte. Auch wenn den zugewanderten Chefs anfangs unterstellt wurde, dass sie die Zelte in der strukturschwachen Region rasch abbrechen würden. Diesen Frühling wird in Pfaffenschlag der neue Anbau eröffnet. Es ist nicht die erste Erweiterung. 144 Mitarbeiter hat die WEB heute, fast 100 arbeiten im Waldviertel. Viele wurden aus Konkursmassen übernommen oder aus internationalen Positionen nach Hause gelockt. Das Geschäft mit dem Wind ist international. Die Fäden laufen aber hier – vor den Landkarten von Europa und Nordamerika – zusammen. Darauf können die Techniker ihre 233 Windräder in sieben Ländern in Echtzeit im Auge behalten.
Zukunft für die Windkraft orten die WEB-Chefs vor allem in den USA und Kanada. „Nordamerika hat ein großes Potenzial. Auch wenn Trump kein Verfechter der erneuerbaren Energie ist“, sagt Trcka. Dort habe sich schlicht herumgesprochen, dass Wind kein Förderthema mehr ist. In den kommenden Jahren wollen die Waldviertler die installierten Kapazitäten in Nordamerika von 30 auf 200 Megawatt steigern.
Zurzeit bezieht das Unternehmen 95 Prozent des Stroms aus Windkraft, den kleinen Rest machen Wasser und Fotovoltaik aus. Das ist in windstilleren Jahren wie heuer gefährlich und drückt den Umsatz. Doch gerade tun sich neue Möglichkeiten auf. Nicht zuletzt aufgrund des ambitionierten Plans der Regierung, die Stromproduktion bis 2030 voll auf erneuerbare Quellen umzustellen. „Wir sind überzeugt, dass Fotovoltaik kommen muss“, sagt Trcka. In vielen Teilen Österreichs seien Paneele auf Dächern akzeptierter als Windräder.
In der näheren Umgebung hatten Dumeier und Trcka bisher wenig Glück mit dem Windrad: Behörden und Anrainer sind dagegen. „Am Umdenken in der Bevölkerung müssen wir noch arbeiten, wenn wir die Energiewende haben wollen“, sagt Trcka. Die WEB will Letztere mitformen und mitwachsen. Behutsam, ohne Risken, betonen ihre Chefs. Nicht, dass einer ihrer Aktionäre verärgert auf seinem Traktor vorfährt.