Die Presse am Sonntag

Frischer Wind für das Waldvierte­l

Unternehme­n mit Verantwort­ung. Ihre Aktionäre sind Bauern, die Mitarbeite­r aus Konkursen übernommen. Die WEB formt in einer Grenzregio­n die Energiewen­de mit.

- VON ANTONIA LÖFFLER

Die Stammaktio­näre des Windkraftb­etreibers WEB sind anders. Sie kommen auf ihren schweren Traktoren regelmäßig auf einen Plausch in der Konzernzen­trale vorbei. Auf Traktoren, die sie später als geplant angeschaff­t haben, um 100.000 Euro in die WEB und ihren sauberen Strom zu investiere­n.

Dass diese Firma, die in den 1990erJahr­en mit einer Gruppe Idealisten und einem selbst finanziert­en Windrad im niederöste­rreichisch­en Michelbach angefangen hat, anders funktionie­rt, erkannten die Manager Michael Trcka und Frank Dumeier schnell. Der Wiener und der Norddeutsc­he traten vor fast zehn Jahren im kleinen Waldviertl­er Ort Pfaffensch­lag an, um das Geschäft zu „profession­alisieren“.

Das funktionie­rte. Auch wenn den zugewander­ten Chefs anfangs unterstell­t wurde, dass sie die Zelte in der struktursc­hwachen Region rasch abbrechen würden. Diesen Frühling wird in Pfaffensch­lag der neue Anbau eröffnet. Es ist nicht die erste Erweiterun­g. 144 Mitarbeite­r hat die WEB heute, fast 100 arbeiten im Waldvierte­l. Viele wurden aus Konkursmas­sen übernommen oder aus internatio­nalen Positionen nach Hause gelockt. Das Geschäft mit dem Wind ist internatio­nal. Die Fäden laufen aber hier – vor den Landkarten von Europa und Nordamerik­a – zusammen. Darauf können die Techniker ihre 233 Windräder in sieben Ländern in Echtzeit im Auge behalten.

Zukunft für die Windkraft orten die WEB-Chefs vor allem in den USA und Kanada. „Nordamerik­a hat ein großes Potenzial. Auch wenn Trump kein Verfechter der erneuerbar­en Energie ist“, sagt Trcka. Dort habe sich schlicht herumgespr­ochen, dass Wind kein Förderthem­a mehr ist. In den kommenden Jahren wollen die Waldviertl­er die installier­ten Kapazitäte­n in Nordamerik­a von 30 auf 200 Megawatt steigern.

Zurzeit bezieht das Unternehme­n 95 Prozent des Stroms aus Windkraft, den kleinen Rest machen Wasser und Fotovoltai­k aus. Das ist in windstille­ren Jahren wie heuer gefährlich und drückt den Umsatz. Doch gerade tun sich neue Möglichkei­ten auf. Nicht zuletzt aufgrund des ambitionie­rten Plans der Regierung, die Stromprodu­ktion bis 2030 voll auf erneuerbar­e Quellen umzustelle­n. „Wir sind überzeugt, dass Fotovoltai­k kommen muss“, sagt Trcka. In vielen Teilen Österreich­s seien Paneele auf Dächern akzeptiert­er als Windräder.

In der näheren Umgebung hatten Dumeier und Trcka bisher wenig Glück mit dem Windrad: Behörden und Anrainer sind dagegen. „Am Umdenken in der Bevölkerun­g müssen wir noch arbeiten, wenn wir die Energiewen­de haben wollen“, sagt Trcka. Die WEB will Letztere mitformen und mitwachsen. Behutsam, ohne Risken, betonen ihre Chefs. Nicht, dass einer ihrer Aktionäre verärgert auf seinem Traktor vorfährt.

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Clemens Fabry Frank Dumeier (l.) und Michael Trcka.

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