Was nach Wien kommt
Ein neu zugeschriebenes Bruegel-Bild, fast alle Jahreszeiten.
Es war der „Scoop“dieser Ausstellung: Ein neues Bruegel-Bild wurde ihm zugeschrieben: „Der Hafen von Neapel“, um 1563. Es sei der „Scoop“im Vorfeld dieser Ausstellung, verkündete einer der vier Kuratoren der Wiener Schau, Manfred Sellink, Direktor des Königlichen Kunstmuseums Antwerpen: Er habe ein neues, bisher zweifelhaftes Bruegel-Bild definitiv zuschreiben können. Nach einer Restaurierung habe er jetzt endlich Gewissheit: „Der Hafen von Neapel“, um 1563, aus der römischen Privatsammlung Doria Pamphilj sei eigenhändig. Und nicht „nach“Pieter Bruegel, wie bisher angenommen.
Daran sieht man gleich das Problem gedruckter Werkskataloge, denn der ebenfalls jetzt herausgegebene, nagelneue, wie üblich riesige BruegelBand des Taschen-Verlags (Autoren sind Jürgen Müller und Thomas Schauerte) weiß davon nichts, hier sind die üblichen 40 eigenhändigen Gemälde gelistet. Von diesen sind zwölf im Kunsthistorischen Museum in Wien zu finden, weitere 16 reisen aus aller Welt für die Ausstellung jetzt an: Dazu zählen neben dem römischen Neapel-Hafen der gruselige „Triumph des Todes“aus dem Prado in Madrid, in dem die Skelette die Macht übernehmen, und die ebenfalls sehr schaurige „Tolle Grete“aus Antwerpen. Beide Bilder wurden eigens für die Ausstellung restauriert, auch das ein Nebeneffekt solcher Anstrengungen, wenn auch eine „Verantwortung“, wie KHM-Restauratorin Elke Oberthaler ermahnt – denn wie die Geschichte der Restaurierung lehrt, heißt gute Absicht nicht immer gute Haltbarkeit bzw. ist jeder Eingriff immer auch Interpretation. Siehe die früheren Beschneidungen der BruegelBilder, etwa beim „Turmbau“, dessen rechte, dunkle, unfertige Seite im Original stärker betont war.
Erstmals seit 400 Jahren wird der Wiener Turmbau wieder mit dem zweiten, „kleinen“Turmbau vereint sein, er reist aus dem Museum Boijmans van Beuningen in Rotterdam an. Beide 1563 datierten Bilder waren einst in der Sammlung Kaiser Rudolfs II. gelistet, wobei man annimmt, jetzt durch Röntgenaufnahmen bekräftigt, dass der Wiener Turmbau tatsächlich der erste war, der nichtdatierte, nur ein Viertel so große, scheint nach dem Vorbild gemalt worden zu sein. Vier Jahreszeiten vereint. Die Bilder kamen über Kaiser Rudolf II. jüngeren Bruder Ernst in seinen Besitz, der kurze Zeit spanischer Statthalter in den Niederlanden war. Er bekam daher 1594 von der Stadt Antwerpen auch Bruegels ursprünglich sechs Jahreszeiten-Bilder geschenkt, die 1565 vermutlich ein Auftrag des Kunstsammlers Nicolaes Jonghelinck für sein Speisezimmer waren. Drei davon sind heute noch im KHM, eines ist verschollen: der „Düstere Tag“, die „Heimkehr der Herde“und „Die Jäger im Schnee“. Mit der „Heuernte“aus der Prager Sammlung Lobkowicz kommt noch eine weitere Jahreszeit zu Besuch, die „Kornernte“(Hochsommer) bleibt im Metropolitan Museum in New York.
Aus Berlin reisen die „Zwei angeketteten Affen“, aber auch die unheimliche Federzeichnung „Die Imker“. Und auch die nahe Albertina konnte sich von zwei seiner sechs BruegelHandzeichnungen trennen (man zeigte voriges Jahr schon eine BruegelZeichnungsschau).