ANTON BRANDSTETTER
stätigte das Patentamt ein umstrittenes Patent auf Biergerste für den Braukonzern Carlsberg. Geschützt wurde eine „Zufallsmutation“, die der Gerste den schwefeligen Beigeschmack genommen hat; hervorgerufen etwa durch Bestrahlung der Samen. Ist das noch konventionelle Züchtung oder schützenswerte Innovation? Olivier Sauvageot, Patentanwalt bei Syngenta, verteidigt die Entscheidung: „Pflanzen, die nicht exklusiv durch überwiegend biologische Züchtungsmethoden geschaffen wurden, etwa Mutationen, sind weiter patentierbar“, meint er. Katherine Dolan sieht Zufallsmutationen hingegen als „natürliches Phänomen – sie finden jeden Tag auf dem Feld und im Garten statt.“Die Beschleunigung der Mutationsrate durch UV-Strahlung oder Chemikalien werde seit Jahrzehnten in der konventionellen Züchtung eingesetzt und ändere nichts daran, dass die Mutation ein natürliches Phänomen sei. Auch Maria Krenn vom österreichischen Patentamt bleibt vorsichtig: „Wir prüfen in Österreich gerade in Zweifelsfällen sehr restriktiv“, sagt sie. Doch die Rechtslage sei unklar. „Wir brauchen mehr Gerichtsentscheidungen.“ Patentschutz bis ins Sandwich. Das größte Problem haben Kritiker aber mit dem Ausmaß der Patente, die erteilt werden. So hat Rijk Zwaan nun nicht nur die exklusiven Rechte auf seinen eigenen hitzebeständigen Blattsalat, sondern auf alle Salate mit densel- ben Eigenschaften. Und das gilt nicht nur für Samenkörner, sondern auch für alle Produkte, die Salatblätter enthalten „wie etwa eine Suppe, ein Sandwich etc.“, heißt es im Patent. Wer immer nun also Blattsalat züchtet, der auch bei über 22 Grad Celsius keimt, muss die Niederländer dafür bezahlen. Und wenn McDonald’s hitzebeständige Salatblätter in seine Burger legen will, wird ebenfalls Geld fällig.
Selbst der Industrie sind diese Auswüchse des Patentschutzes nicht ganz geheuer. „Die Rechtslage beim Europäischen Patentamt ändert sich. Uns ist nicht klar, wo die Grenze genau ver- läuft. Aber wir müssen verstehen, wie weit der Patentschutz reichen kann“, sagt Olivier Sauvageot.
Die heimische Saatgutbranche beurteilt die Lage drastischer: „Wir in Österreich wollen keine Patente auf Pflanzen“, sagt Anton Brandstetter von Saatgut Austria zur „Presse am Sonntag“. Saatgut Austria ist ein Verein von professionellen Pflanzenzüchtern, in dem kleine Unternehmen ebenso Mitglied sind wie internationale Multis. Besser als Patente sei der sogenannte Sortenschutz, um die Ansprüche der „Erfinder“zu schützen, sagt Brandstetter. Der europäische Sortenschutz sichert, dass Saatguthändler den Züchtern Lizenzen bezahlen, wenn sie deren Samen vertreiben. Dafür darf jeder die Samen verwenden und sie weiter kreuzen. „Es gibt keine perfekte Pflanze“, sagt Brandstetter. „Es wird immer neue Züchtungen brauchen.“Und dieses System garantiere, dass möglichst viele Züchter an neuen, besseren Sorten arbeiten können. Biopatente hingegen verteuern und erschweren die Züchtung neuer Sorten. „Mittelständische Züchter werden große Probleme bekommen, wenn die Patentierung von Pflanzen so weitergeht“, sagt er. 90 Prozent Marktanteil. Bei Weizen sind die kleinen heimischen Züchter noch gut im Geschäft. Bei Mais oder Raps, die weltweit ohne große Anpassungen vertrieben werden können, dominieren Monsanto und Co. mit ihren Hybridsorten hingegen 90 Prozent des Branchenlobby Saatgut Austria
Selbst der Industrie sind diese Auswüchse im Patentschutz nicht ganz geheuer. Für 60 Prozent aller Kalorien, die weltweit verzehrt werden, sorgen Reis, Mais und Weizen.