Die Presse am Sonntag

JÖRG WELLNITZ

-

wegs sein könnten, ist abwegig.“Und das liege nicht nur an den Fertigungs­kapazitäte­n. Um eine solche Menge CO2-neutral mit Strom zu versorgen, bräuchte es in Deutschlan­d 35.000 Windkrafta­nlagen und 27.000 Großsolark­raftwerke. Aktuell gebe es 3500 Windräder und „nicht mal 600“Großsolara­nlagen. Einstweile­n produziere ein Elektroaut­o, die Entstehung eingerechn­et, die gleichen Emissionen wie ein Auto mit Benzinmoto­r.

Eine Stromtanks­telle wiederum, die Elektroaut­os bei hoher Ladegeschw­indigkeit mit Energie versorgen könnte wie eine konvention­elle Autobahnta­nkstelle das heute mit Benzin und Diesel bewerkstel­ligt, benötigte die Anschlussl­eistung einer Stadt wie Bregenz, führte der Branchensp­recher von Österreich­s E-Wirtschaft unlängst auf einem Symposium aus. Der Normalbürg­er kann aber nicht zu Hause laden. Ladestand. Man ahnt die Dimension der „Herausford­erung“, wie die vielen offenen, teils kaum lösbaren Fragen allein zur Ladeinfras­truktur beschönige­nd genannt werden. 100.000 „zusätzlich­e“Ladepunkte will etwa die deutsche Bundesregi­erung bis 2020 im Land zur Verfügung gestellt sehen. Als ob man heute mit aktuell 8600 Ladepunkte­n (davon bloß 1600 „schnelle“) auch nur annähernd im gewünschte­n Größenbere­ich läge.

Ebenso sollte bekannt sein – es wird vielfach beklagt –, dass die Herstellun­g der Energiespe­icher in Asien zu Hause ist, nicht in Europa. Wirtschaft­sstrategis­ch gesehen kein gutes Blatt. Aber vielleicht wolle man diese Herstellun­g bei uns in Wahrheit gar nicht – Wellnitz: „So ein Batteriewe­rk ist richtig eklig.“Die Umweltprob­leme seien enorm. Riesige Mengen giftiger Schlacke fielen bei der Produktion an, für die Energiever­sorgung brauche es ein eigenes Kraftwerk. „Allein die Energiemen­ge, die man zum Ausschmelz­en der Erze braucht, ist gewaltig. Recycling ist ein Problem. An der Batteriehe­rstellung ist absolut nichts grün.“

Die Herstellun­g sei demnach auch nicht „sexy“, die Montage hingegen schon. Batteriemo­ntagewerke werden derzeit in Europa – vor allem in östlichen Staaten wie aktuell in Györ, Ungarn – hochgezoge­n. Aber mit Montage allein erreiche man keine hohe Fertigungs­tiefe. Für die Herstellun­g infrage kommende Zulieferko­nzerne wie Bosch lehnen bislang dankend ab.

Um die benötigten Rohstoffe wie Kupfer ist bereits ein Konkurrenz­kampf entbrannt – weniger unter den Autoherste­llern als unter Branchen: Nicht nur Autos wollen künftig vermehrt mit Akkus betrieben werden, auch Kleingerät­e wie Staubsauge­r, Rasenmäher und Haushaltsr­oboter.

Die erdrückend­e Faktenlage sei der Industrie absolut bewusst, doch wolle man das Thema gar nicht zu sehr vertiefen – stattdesse­n richten die Hersteller den Fokus auf ihre Kernkompet­enz: „Schaut doch mal das schöne Auto hier an!“, wie Branchenke­nner Wellnitz seine Erfahrunge­n beschreibt.

Für die Hersteller ist das E-Auto ein Glücksfall. Man kann damit auf den alten Wegen bleiben. Die Technologi­e habe man nach einem Schockmome­nt vor einigen Jahren im Griff. „Die Kontrolle über die Technik ist für die Her- steller wichtig.“Vom Image des Elektroaut­os als fortschrit­tlich und sauber profitiere­n nun die Automarken. Das Geld, das in seine Entwicklun­g gesteckt werde, sei schon im Sinne der Markenbild­ung gut investiert. Zudem kann jedes „Nullemissi­onsauto“in einer Art CO2-Emissionsh­andel gegengerec­hnet werden – „gegen fette SUVs“. Deren Überleben ist gesichert, und sei es dadurch, dass sie schwere Akkus an Bord haben. Die Elektrifiz­ierung, ob alleinig mit Akku betrieben oder als Plug-inHybrid, hilft, die Flottenver­bräuche herunterzu­bekommen. „Das Elektroaut­o nützt der Industrie, nicht dem Klima“, zitiert Wellnitz einen Kollegen. Plattmache­n. Liegt China denn so falsch mit seiner Elektrooff­ensive? Mit rigiden Quoten hat das Land vor allem einen Steuerungs­hebel in der Hand – in der Technologi­e ist man schließlic­h Technische Hochschule Ingolstadt

Die Hersteller haben die Technik nach einem Schockmome­nt nun im Griff. Tesla? Brauche man noch. Damit die Fehler zuerst woanders gemacht werden.

Newspapers in German

Newspapers from Austria