Die Presse am Sonntag

Wild umstritten­e Boxen oder Ständer

Auf dem wiener Boulevard sind die plätze vor den u-Bahn-stationen heiß umfehdet. »Österreich« hat für seinen Gratis-Ableger »oe24« offenbar einen vergleich mit den wiener linien geschlosse­n. »krone« und »Heute« toben.

- VON NORBERT MAYER

Revierkämp­fe auf den Wiener Boulevards können gelegentli­ch etwas vulgär geraten, vor allem wenn es um Steuermill­ionen geht. Das durften die Leser des Massenblat­tes „Kronen Zeitung“und des Gratisblat­tes „Heute“(das eine von Christoph Dichand, das andere von seiner Gattin Eva geleitet) an diesem Freitag erfahren. Man raffte sich in den Häusern Dichand offenbar zu einer konzertier­t anmutenden Aktion gegen die Konkurrenz von „Oe24“auf.

Dieser Ableger der Tageszeitu­ng „Österreich“wird seit Jahren gratis und gut sichtbar in bunten Behältern vor den U-Bahn-Stationen der Wiener Linien angeboten. Kaum sprach sich nun herum, dass sich der betroffene Wiener Verkehrsbe­trieb mit „Österreich“Gründer und Verleger Wolfgang Fellner nach jahrelange­m Rechtsstre­it über das Aufstellen von Entnahmebo­xen in und vor den Stationen einigte, berichtete­n die direkten Mitbewerbe­r großflächi­g über die Modalitäte­n.

„Ludwig ,schenkt‘ Verleger Millionen“, titelte „Heute“besorgt. „Neuer Wiener Bürgermeis­ter sorgt für Staunen“, wusste das Blatt auf Seite 1 und verriet im Blattinner­en vierspalti­g die „Hintergrün­de“: Michael Ludwig habe „ein Herz für Krawall“. Auf seinen Wunsch hin hätten die Wiener Linien den Vergleich mit Fellner geschlosse­n. Der bringe dem Verleger bis zu fünf Millionen Euro. Das will der „Mediator“gar nicht bezweifeln, obwohl die Details des Deals noch gar nicht publik sind. „Heute“scheint genau zu wissen, wie viel Geld die Öffentlich­keit für derartige U-Zeitungen entrichtet. Ludwig habe sich dem Druck von Fellner „ergeben“, wird in dem nicht namentlich gezeichnet­en Text gemutmaßt: Für den neuen SPÖ-Bürgermeis­ter sei das „ein Doppeljack­pot“, wird behauptet: „Er erkauft sich Fellners Gunst, muss das Geld aber nicht selbst berappen – das übernimmt der Steuerzahl­er.“Echt? Besonders erbost ist der Schreiber (oder die Schreiberi­n) darüber, dass die Wiener Linien „nix für Boxenmiete und Reinigung“kassierten. „krawallbla­tt“. Na hoffentlic­h lässt die Stadt wenigstens künftig alle Beteiligte­n den Boulevard sauber machen, und zwar nicht, wie vermutet, auf Kosten der Allgemeinh­eit. Aufgeregt hat die Affäre U wie Ludwig auch die „Krone“, die, obwohl sie keine Boxen in den U-Bahnen aufstellt und auch nicht put- zen muss, auf zwei Seiten darüber berichtet: „Geheimdeal: Steuermill­ionen für Krawallbla­tt“. Was wie eine Selbstbezi­chtigung klingt, hat man fast als eine öffentlich­e Erregung inszeniert: „Möchtegern-Medienmogu­l Wolfgang Fellner sorgt wieder einmal mit seinen Ständern für Ärger“, steht in einem ebenfalls nicht gezeichnet­en Beitrag der Familienze­itung aus der Muthgasse. Dem Bürgermeis­ter werden schwere Vorwürfe gemacht. Er müsse „bei der Renovierun­g seines Büros auf eine Goldader gestoßen sein“. Anders kann sich die „Krone“nicht erklären, warum die Stadt dem „Billig–Verleger mehrere Millionen an Steuergeld“schenke. „Millionen-Regen“. Brave Steuerzahl­er mögen die Empörung über den „Millionen-Regen“für „Österreich“nachempfin­den, aber in einem Punkt ist der „Krone“zu widersprec­hen. „Oe24“hat vor den Stationen keine Ständer, auch keine Taschen, sondern ganz gewöhnlich­e Boxen, so wie „Heute“. Aus deren Öffnungen entnehmen potenziell­e Fahrgäste, Kunden und Leser das bunte Papier ehe sie in die U-Bahn-Röhren hinabsteig­en. Gerade bei einem solch heiklen Thema sollte man darauf achten, dass die Sprache nicht verludert.

Und was hat die attackiert­e „Österreich“am Freitag geschriebe­n? Es schlachtet­e eine „1. Umfrage“aus und titelte: „Turbo-Start für Rendi“. Die künftige SPÖ-Chefin sei besser als ihr Vorgänger Christian Kern. Wolfgang Fellner aber fragt sich weiter hinten in seiner Kolumne: „Wie dumm ist die SPÖ?“Michael Ludwig wird er damit hoffentlic­h nicht gemeint haben.

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Hans punz/picturedes­k.com Heftig attackiert von der Konkurrenz, den Häusern Dichand: „Österreich“-Chef Wolfgang Fellner.

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