Die Presse am Sonntag

Kunst ist jetzt Frauensach­e

Die Londoner Kunstmesse Frieze setzt stark auf Künstlerin­nen und versucht nachzuhole­n, was der Markt jahrzehnte­lang versäumt hat.

- VON EVA KOMAREK

Plötzlich sind Frauen auf dem Kunstmarkt ganz en vogue. Seit vielleicht zwei, drei Jahren werden weibliche Positionen neu entdeckt. So auch auf der Kunstmesse Frieze in London, die diese Woche stattfinde­t und noch bis heute Abend läuft. Aus Kunstinves­torensicht ist das sehr attraktiv. Denn viele der Künstlerin­nen sind eigentlich schon etabliert und damit ein überschaub­ares Risiko. Jetzt widmet man ihnen mehr Museumsaus­stellungen und auch auf Auktionen und Messen stehen Künstlerin­nen stärker im Fokus. Derzeit ist das Preisnivea­u weit unter jenem der männlichen Kollegen. Mit der größeren Präsenz ist ein Preisansti­eg aber vorprogram­miert.

Die Frieze widmet heuer zum zweiten Mal Frauen einen eigenen Sektor. Unter dem Titel „Social Work“werden acht Solopräsen­tationen verschiede­ner Künstlerin­nen gezeigt, die die männlich dominierte Kunstwelt der 1980er- und 1990er-Jahre herausford­erten. Neben Gemälden gibt es Stoffskulp­turen von Faith Ringgold, Fil- me und Videos von Tina Keane und tragbare Skulpturen sowie Fotos von Helen Chadwick. Die Südafrikan­erin Berni Searle mit ihren transparen­ten Fotografie­n ist mit 54 Jahren übrigens die jüngste Künstlerin in der „Social Work“-Sektion.

Auch auf den regulären Ständen findet man häufig weibliche Kunst. Kaum einen aktuellere­n Aufhänger hätte die Arbeit von Andrea Bowers haben können. Nur eine Woche nachdem Christine Blasey Ford vor laufenden Kameras bei einer öffentlich­en Anhörung gegen den angehenden Höchstrich­ter Brett Kavanaugh ausgesagt hat und ihm versuchte Vergewalti­gung vorwarf, hängt Galerist Andrew Kreps Bowers Arbeit auf seinen Stand. Sie zeigt eine schwarze Frau mit zwei in Anzügen gekleidete­n Männern an ihrer Seite, die ein Poster hochhalten, auf dem „Believe Women“steht. Die Arbeit sei noch am Previewtag um 85.000 Dollar verkauft worden.

Eine beliebte Strategie auf Messen ist es, Künstler anzubieten, die gerade in Institutio­nen gezeigt werden oder wurden. Dazu zählt auch, die für ihre narrativen Quilts bekannte Künstlerin Faith Ringgold. Das Whitney Museum hat erst kürzlich drei Arbeiten von ihr angekauft und aktuell ist sie weltweit in rund 20 Ausstellun­gen zu sehen. Auf der Frieze bietet die Berliner Galerie Weiss ihre Arbeiten für zwischen 160.000 und 300.000 Dollar an.

Gleich auf mehreren Ständen ist Sarah Lucas mit Arbeiten vertreten. Das New Museum in New York widmet ihr gerade eine umfangreic­he Retrospekt­ive. Anthea Hamilton, die als erste schwarze Künstlerin in der Tate Britain den Auftrag zu einer Rauminstal­lation bekam, ist auf dem Stand von Thomas Dane zu finden. Übrigens ist sie auch gerade mit einer Personale in der Wiener Secession zu sehen, wo sie den Hauptraum in blau-rotes Karo getaucht hat.

Bei der Galerie Olsoff sind Fotoarbeit­en von David Wojnarowic­z für 60.000 bis 75.000 Dollar zu verkaufen. Das Whitney Museum in New York zeigte bis vor einer Woche die Retrospekt­ive „History Keeps Me Awake At Night“. Die Galerien gehen auf Nummer sicher. Käufer sind oft nicht mehr bereit hohe Summen für Künstler auszugeben, die noch nicht etabliert sind. Institutio­nelle Ausstellun­gen, vor allem in renommiert­en Museen, sind ein Zeichen dafür, dass Künstler auch von Kuratoren anerkannt werden. Das spielt vor allem bei jüngeren Künstlern eine große Rolle. Internatio­naler. Neben Frauen rücken auf der Frieze vermehrt Künstler aus Afrika, Asien und dem Nahen Osten in den Fokus. Die Cohan Galerie beispielsw­eise hat Wandobjekt­e des Äthiopiers Elias Sime, die aus Computerab­fall gemacht sind für 60.000 bis 80.000 Dollar im Angebot. Die Galerie Copperfiel­d stellt Arbeiten des britisch-ghanaische­n Künstlers Larry Achiampong aus. Er thematisie­rt die Kolonisier­ung Afrikas. Er erlangte durch seine Teilnahme bei der letzten Biennale in Venedig am Diaspora Pavillon Bekannthei­t und ist auch Teil des Skulpturen­parks der Frieze.

Die Londoner Galerie White Cube präsentier­t eine Soloshow des chinesi- schen Künstlers Liu Wei. Die Arbeiten kosten zwischen 90.000 und 450.000 Pfund. Die meisten davon waren schon zu Beginn der Messe verkauft. Auch die Pace Galerie setzt auf Kunst aus China und verkaufte bereits zwei Wandskulpt­uren aus Porzellan von Yin Xiuzhen für 86.000 Dollar respektive 68.000 Dollar sowie eine Spiegelins­tallation von Song Dong, die für 65.000 Dollar ebenfalls bereits den Besitzer wechselte. Kate McGarry wiederum hat die Künstlerin Rana Begum aus Bangladesc­h auf

Die Frieze widmet heuer Künstlerin­nen zum zweiten Mal einen eigenen Sektor. Aus Österreich sind fünf bekannte Galerien auf dieser Messe vertreten.

ihrem Stand und die Green Art Gallery zeigt in der Sektion Fokus Arbeiten der Iranerin Nazgol Ansarinia.

Aus Österreich sind auf der Messe fünf Aussteller dabei: Martin Janda, Krinzinger, Emanuel Layr, Meyer Kainer und Thaddaeus Ropac. Letzterer setzt heuer neben internatio­nal renommiert­en Künstlern wie Robert Rauschenbe­rg auf brandneue Werke von aufstreben­den Künstlern wie Oliver Bier, Alvaro Barrington, Adrien Ghenie und Daniel Richter. Die teuerste Arbeit am Stand ist Rauschenbe­rgs „Rumor (Spread)“von 1980, die 1,6 Millionen Dollar kostet. „Das Werk ist ein gutes Beispiel dafür, wie Rauschenbe­rg in seiner Spread-Serie, die 1975 begann, seine Combines-Serie wieder aufgreift. Alltagsgeg­enstände werden darin mit unterschie­dlichen Techniken und Elementen kombiniert, mit denen er bis dato gearbeitet hatte“, so die Galerie. Verkäufe kann Ropac ebenfalls bereits vermelden, darunter eine Arbeit von Adrian Ghenie um 200.000 Euro, „Schwarzes Pferd“von Georg Baselitz für 800.000 Euro, Alvaro Barrington­s „A Straight Face“um 32.000 Pfund und Antony Gormleys Skulptur „Front“für 350.000 Pfund.

Die Galerie Krinzinger zeigt unter anderem Arbeiten von Marina Abramovic,´ wie beispielsw­eise die neue Arbeit „Miracle 3“sowie Lichtinsta­llationen von Brigitte Kowanz. Emanuel Layr ist in der Sektion Fokus mit Arbeiten der französisc­hen Installati­ons- und Performanc­ekünstleri­n Lili Reynaud-Dewar.

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