Die Presse am Sonntag

Bessere Therapie gesucht

Neue Hoffnungss­ubstanz bei Depression­en.

- VON CLAUDIA RICHTER

Die Depression ist eine Erkrankung des Gehirns, die mit Psychother­apie und Medikament­en behandelt wird. Phytopharm­aka wie Johanniskr­aut eignen sich für leichte bis mittelschw­ere Formen. Bei Männern mit niedrigem Testostero­nspiegel hilft die Gabe dieses Hormons oft sehr gut. Insgesamt aber, so Siegfried Kasper, Vorstand der Universitä­tsklinik für Psychiatri­e und Psychother­apie an der Medizinisc­hen Universitä­t Wien, verbessern gegenwärti­ge Arzneien noch bei zu wenigen Patienten den Krankheits­verlauf.

Vielleicht könnte der Wirkstoff Ketamin das ändern. Die Hoffnungss­ubstanz gegen Depression­en ist seit rund 50 Jahren als Narkosemit­tel bekannt und wirkt auch schmerzsti­llend. Ketamin wird aber auch als Partydroge (Special K, Kate oder Vitamin K) missbrauch­t. Neuere Studien zeigen nun, dass niedrig dosiertes Ketamin einen mitunter beachtensw­erten antidepres­siven Effekt hat. „Es wirkt gut und sehr schnell“, weiß Kasper. Noch aber ist die Substanz in Österreich als Antidepres­sivum nicht zugelassen, derzeit untersuche­n viele Studien die Wirksamkei­t von Ketamin und die möglichen Nebenwirku­ngen bei Langzeitga­be. Fahrlässig, falsch? Was Kasper und anderen Psychiater­n Sorgen bereitet, sind Ketaminkli­niken und -ambulanzen, die derzeit vor allem in den USA sehr modern sind und langsam auch in Europa beliebt werden. „Da wird Ketamin off label und unkontroll­iert von Ärzten gespritzt, die nicht vom Fach, also keine Psychiater, sind. Das ist nach aktuellen Wissenssta­nd nicht zu befürworte­n. Und man müsste prüfen, ob da nicht auch Fahrlässig­keit oder eine falsche Heilbehand­lung vorliegt.“

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