DAS BOOT – EINST UND JETZT
Brüdern und Männern nachwinken. Die Hauptautoren Tony Saint und Johannes W. Betz haben einen zweiten Erzählstrang an Land für die Frauen geschrieben: Vicky Krieps, die Österreicher aus dem Film „Was hat uns bloß so ruiniert“kennen könnten, spielt Simone, die Schwester von Frank, dem Oberfunker an Bord der U 612. Sie wird als Dolmetscherin nach La Rochelle versetzt und fällt dem Bruder beim ersten Wiedersehen um den Hals. „Und, wie ist denn das in so einem U-Boot?“, fragt sie. Und Frank antwortet abgeklärt: „40 Kerle, ein Scheißhaus, keine Dusche. Willst Du es genauer wissen?“
Die Geschwister stehen sinnbildlich für das gespaltene Elsass, das lange
1981
kam „Das Boot“von Wolfgang Petersen ins Kino, nach einem Buch von Lothar-Günther Buchheim. Später kam die Serie, 1997 ein längerer Director’s Cut (bestehend aus der ersten Kinoversion und Serienszenen). Berühmt wurde nicht nur der Regisseur, der später Filme wie „Outbreak“und „Independence Day“machte, sondern auch die SchauspielerRiege (von Uwe Ochsenknecht, Heinz Hönig und Herbert Grönemeyer bis Martin Semmelrogge) sowie die Filmmusik.
2018.
Das charakteristische „Ping“aus der Titelmelodie von Klaus Doldinger wurde erhalten und neu interpretiert. Regie in der Produktion von Sky und Bavaria Studios führt der Österreicher Andreas Prochaska („In 3 Tagen bist Du tot“, „Das finstere Tal“). abwechselnd deutsch und französisch, in der Zwischenkriegszeit (1918 bis 1940) wieder französisch war: Die Erstgeborene Simone fühlt sich als Deutsche, ihr jüngerer Bruder als Franzose, weshalb er desertieren will. Die verfrühte Abfahrt seines U-Boots hindert ihn daran. Die Schwester hat er aber mit der Bitte um einen Botendienst schon in Schwierigkeiten gebracht. Sie trifft auf eine Gruppe Widerstandskämpfer, darunter die aufbrausende Amerikanerin Carla Monroe (Lizzy Caplan), die sie bedrängen, mit ihr zusammenzuarbeiten. Die Beziehung der Frauen wird noch überraschend eng. Mehr soll dazu nicht verraten werden.
Die Handlung am Festland entwickelt bald eine Rasanz, der man sich nicht entziehen kann. Gut so! Denn würde die Neuauflage wie das Original fast nur unter Deck des U-Bootes spielen, würde man sich wieder langweilen. Auch so sind die dunklen und lauten (Kampf-)Szenen an Bord der U 612 (die wirklich in einem U-Boot gedreht wurden), wenn die Wasserbomben fallen, die schwächsten Szenen der Serie, trotz kleiner Parallelen und feiner Zitate des Originals: Die Zitronen zum Beispiel, an denen die Besatzung in Petersens Film dauernd lutscht, sie kommen auch in der neuen Serie vor. Den Koch an Bord spielt übrigens der österreichische Schauspieler Robert Stadlober. Keine Unterhaltung. „Das Boot“ist, wie damals, keine Unterhaltungsserie. Wer der Handlung folgen will, muss viel Wissen über den Zweiten Weltkrieg, die Hafenstadt La Rochelle und den U-Boot-Einsatz der deutschen Marine mitbringen oder sich das nebenbei ergoogeln. Man kann bei den (Ur-)Enkeln der Zeitzeugen nicht mehr so viel Wissen voraussetzen wie bei den Zeitzeugen und ihren direkten Nachfahren An-
Den Koch an Bord spielt übrigens sehr gelungen der Österreicher Robert Stadlober.
fang der 80er. Die Zuseher hätten mehr Hintergrund zu Strategie und Taktik der Nazis und der deutschen Marine in der Seekriegsführung vertragen. „Das Boot“ist ein Antikriegsfilm, doch blieb Kritik an den Nazis 1981 subtil: Die Spannung zwischen dem desillusionierten „Kaleun“(Kapitänleutnant; gespielt von Jürgen Prochnow) und seinem regimetreuen Vize wurde oft nur über Blicke ausgedrückt.
Das war damals okay, weil jeder Zuseher den Subtext der Handlung kannte. Heute, in einer Zeit, in der der Nationalismus wieder steigt, hätte es gut getan, die Naivität der jungen Krieger stärker hervorzuheben. Den Enkeln der Kriegsgeneration wäre mehr zuzumuten gewesen. Pluspunkte gibt es für die Szenen an Land und die sanfte Adaption der Titelmusik. Ping! Wann und wo? Ab 23. 11. sind alle acht Folgen der Produktion von Sky Deutschland, Bavaria Fiction und Sonar Entertainment auf Sky abrufbar.