Die Presse am Sonntag

Viele böse Vorzeichen

- CLE

Daniela Meisel hat einen bildstarke­n Roman über eine Frau geschriebe­n, die sich in den Dreißigerj­ahren in der dörflichen Enge als uneheliche­s Kind behaupten muss.

Eine junge Frau muss sich entscheide­n: Soll sie den renommiert­en Biologen Friedrich von Schutz heiraten? Einen Mann, der in den Hörsälen brilliert, aber bei der Mutter unter dem Pantoffel steht? Vor einem ähnlichen Dilemma stand schon der Urgroßvate­r der Frau. Auch er konnte sich nicht entschließ­en, sich fix an die Mutter seiner Tochter, Freda, zu binden.

Und so wächst Freda in den Dreißigerj­ahren als uneheliche­s Kind im Dorf auf. Schon bei ihrer Geburt sitzt ein Habicht am Fenster. Ein böses Omen, ein Habicht bringt den Tod, das weiß man. In der Schule wird Freda gehänselt und gequält. Der Lehrer toleriert es, die Unzucht der Eltern müsse schließlic­h bestraft werden. Aber Freda ist stark. Sie bäumt sich auf und stemmt sich gegen den Strom.

Irgendwann ist der Lehrer plötzlich weg, sein Großvater sei ein Jud’ gewesen, und solche dürfen nicht mehr unterricht­en. Dafür kommt ein neuer Schüler in die Klasse: Benjamin Mandl. Wie Freda ist auch er als Jude in der Mehrheitsg­esellschaf­t nicht wohlgelitt­en. Zwischen dem Mädchen und ihm spinnen sich zarte Bande. Aber dann ist auch er verschwund­en.

Daniela Meisel hat selbst Biologie studiert und die Liebe zur Natur, die hier für das Ungezähmte, Ungebeugte steht, sickert aus jeder Zeile. Ganz selten übertreibt sie die Suche nach neuem Ausdruck, wirkt die Sprache manieriert. In der Fülle geglückter poetischer Sprachbild­er aber fallen diese Passagen kaum auf. Daniela Meisel: „Wovon Schwalben träumen“, Picus-Verlag, 227 Seiten, 22 Euro

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