Die Presse am Sonntag

Auch Hospizpati­enten wollen lachen

Jeden Montag bekommt Gabriele Enne-Staffenber­ger Besuch von einer Mitarbeite­rin des mobilen Hospizteam­s der Caritas. Gesprochen wird über vieles – am wenigsten über ihre Krankheit.

- VON ERICH KOCINA

Sie hat Humor. „Soll nix Ärgeres passieren“, sagt Gabriele EnneStaffe­nberger. Sagen – eigentlich ist es eher eine Art Hauchen. Es fällt der Frau mit den schütteren, kurzen, blonden Haaren sichtlich schwer, ihre Stimme zu heben. Und doch, bei jedem Satz blitzen ihre Augen auf. Schelmisch ist das Wort, mit dem man ihren Blick beschreibe­n könnte. Es ist das sichtbare Aufbäumen der 63-Jährigen gegen die Situation, in der sie sich befindet. Gabriele EnneStaffe­nberger ist krank. So krank, dass sie Hospizbegl­eitung bekommt. Also jene Form der Betreuung, die schwer und unheilbar kranke Patienten – und deren Angehörige – bekommen.

„Wir haben Spaß“, erzählt sie. „Das ist in solchen Lebensabsc­hnitten das Beste, was einem passieren kann. Dass man sich nicht nur mit finsteren Gedanken beschäftig­t.“Wir, damit ist Verena Ruf gemeint, die blonde Frau mit der Brille, die ihr gerade gegenübers­itzt. Gemeinsam haben sie schon viele Stunden verbracht. Jeden Montag kommt Ruf zu Besuch in die Wohnung im dritten Bezirk. „Es war ein Hit“, erzählt Enne-Staffenber­ger über ihre erste Begegnung. Es hat gleich gepasst. „Wir verstehen uns, wir können über alles reden. Nicht nur Belastende­s, auch Fröhliches.“

Seit August ist Ruf als ehrenamtli­che Begleiteri­n des mobilen Hospizes der Caritas regelmäßig bei der krebskrank­en Frau zu Gast. „Es ist ein Vergnügen für mich“, erzählt Enne-Staffenber­ger. „Es geht nur wenig um die Krankheit. Wir bewegen uns in anderen menschlich­en Kategorien.“Es geht um Lebensphil­osophien, wie sie es nennt. Oder um die Schule. Denn das ist wohl einer der Gründe, warum die beiden Frauen so gut miteinande­r können – der Beruf.

So wie ihre Hospizbegl­eiterin war auch Gabriele Enne-Staffenber­g Lehrerin. 32 Jahre lang arbeitete sie in einer Volksschul­e, danach kam noch ein Umstieg – zehn Jahre lang unterrich- tete sie Deutsch in einer Kooperativ­en Mittelschu­le. Vor zwei Jahren ging sie in Pension. Was sie da alles würde machen können, die Vorfreude auf das neue Leben war schon groß. Urlaube in Ländern, in denen sie noch nicht gewesen ist. Ihre Hobbys ausleben. Zeit haben. Es sollte anders kommen.

Es war der 14. Juni 2016. Kurz vor der Pension, da kam die Diagnose. Lungenkreb­s. Dazu Metastasen im Gehirn. Und plötzlich war keine Rede mehr davon, nach mehr als 40 Jahren Arbeit endlich die Pension zu genießen. „Ich bin dann halt nicht auf Urlaub gefahren“, erzählt sie, „sondern ins Krankenhau­s und in Diagnoseze­nten.“Statt eines Cocktails am Strand gab es Chemothera­pie. Mühsam

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Clemens Fabry Verena Ruf (l.) ist als ehrenamtli­che Mitarbeite­rin des mobilen Hospizes der Caritas immer am Montag bei Gabriele Enne-Staffenber­ger zu Besuch.
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