Aufholbedarf auch bei der Hundertsteljagd
Von Vergleichen mit Männern hält Nicole Schmidhofer, die derzeit beste Abfahrerin im Weltcup, nicht allzu viel. „Ist es nicht überall so, dass Frauen mehr Gas geben müssen, damit sie Anerkennung erhalten?“, fragt Nici Schmidhofer. „Das betrifft nicht nur den Skisport.“Der Berg sei deswegen aber noch lang kein Männerrevier. Auch das Gerede vom Geschlechtervergleich, wie ihn Lindsey Vonn, die erfolgreichste Weltcupathletin, in der Abfahrt von Lake Louise anstrebt, hält die 29-Jährige für entbehrlich. „Ein Werbegag“, und wenn schon, dann bitte auf einer spektakuläreren Abfahrt.
Das sagt die zweifache Abfahrtssiegerin von Lake Louise wohlgemerkt. Vor zwei Wochen holte die Steirerin das Double in Kanada. Es mag schwierigere Strecken geben, die Zahlen sind dennoch spektakulär: Mit 133 km/h wurde Schmidhofer bei ihrem ersten Sieg gemessen, im Schnitt war sie 1:47 Minuten lang mit 102 km/h unterwegs. Zum Vergleich: Max Franz gewann eine Woche zuvor an derselben Stelle, Topspeed 136 km/h, Durchschnittstempo 106 km/h, also gerade einmal eineinhalb Sekunden schneller. Das Preisgeld für beide: 45.000 Franken.
Von Zeit zu Zeit wird auch gemeinsam mit den Männern trainiert, erzählt Schmidhofer. Möglichkeiten, sich zu messen, gebe es also genug. Dass aber selbst beim Damentraining fast ausschließlich männliche Coaches das Sagen haben, ist ein Fakt. Für Schmidhofer ist das in erster Linie den Reisestrapazen geschuldet. Tatsächlich ist ein Trainer auf Toplevel rund 200 Tage im Jahr unterwegs, für Familienplanung bleibt da kaum Spielraum.
Aufholbedarf gibt es also. „Auf dem gleichen Level sind wir sicher nicht. Aber wenn man in Österreich gut Ski fährt, hat das schon einen hohen Stellenwert. Egal ob Mann oder Frau.“