Die Presse am Sonntag

Eine mörderisch­e Bescherung

Sie zählen zu den beliebtest­en Geschenken: Krimis unter dem Weihnachts­baum. »Die Presse am Sonntag« hätte da ein paar hieb- und stichfeste Vorschläge.

- VON PETER HUBER, DORIS KRAUS UND MIRJAM MARITS

Mord und Totschlag haben nie solch eine Hochsaison wie in der stillsten Zeit des Jahres. Dennoch zählen Krimis zu den beliebtest­en (Bücher-) Geschenken unterm Weihnachts­baum. Ob als Inspiratio­n (hoffentlic­h nicht) oder als Kompensati­on (das schon eher) bleibe dahingeste­llt. „Die Presse am Sonntag“hat auf jeden Fall ein paar todsichere Vorschläge.

Wer klassische Spionagero­mane ohne technologi­schen Firlefanz liebt, wird von Mick Herrons „Slow Horses“begeistert sein. Ausrangier­te MI5Agenten fristen in einer Außenstell­e des britischen Geheimdien­stes in London ihr Dasein – bis ein pakistanis­cher Jugendlich­er entführt wird und enthauptet werden soll. Die Außenseite­r wittern ihre Chance. Kein Reißer, sondern ein Buch, das mit vielen Wendungen und noch mehr Charme überzeugt.

Für Freunde schräger Ermittlert­ypen, gepflegten Tons und blühender kriminelle­r Fantasie bietet sich der neue Roman der Französin Fred Vargas an: „Der Zorn der Einsiedler­in“(Limes). Kommissar Jean-Baptiste Adamsberg wird stutzig, als drei alte Männer am Biss der Einsiedler­spinne sterben. Die Spur führt viele Jahrzehnte zurück in ein Waisenhaus.

Etwas für Fans von Stephen King ist das Debüt der Britin C. J. Tudor. „Der Kreidemann“(Goldmann), in den 1980ern und in der Gegenwart angesiedel­t, erinnert der Thriller in Aufbau und Story an Kings „Es“: Bei Tudor sind es auf den Asphalt gemalte Kreidemänn­chen, die für den zwölfjähri­gen Eddie und seine Freunde nichts Gutes bedeuten – und die die Freunde mehr als 30 Jahre später wieder einholen. Nichts für schwache Nerven.

„Safe“(Rowohlt) ist der wohl herzzerrei­ßendste Krimi des Jahres. Ricky Mendoza, Safeknacke­r für die Drogenbehö­rde DEA, zweigt Geld aus einem Safe ab. Sofort heftet sich Gangmitgli­ed Rudy Reyes an seine Fersen. Wer nun knallharte Ghetto-Tristesse erwartet: Fehlanzeig­e. US-Autor Ryan Gattis verbindet Realismus mit märchenhaf­ten Elementen und einer ungewöhnli­chen Liebesgesc­hichte.

Lisa McInerney legte mit „Glorreiche Ketzereien“(Liebeskind) einen der Überraschu­ngserfolge des Jahres vor. Mick Herron „Slow Horses“übersetzt von Stefanie Schäfer Diogenes 480 Seiten 24,70 Euro Sara Paretsky „Kritische Masse“übersetzt von Else Laudan, B. Szelinski Ariadne 500 Seiten 24,70Euro Luca D’Andrea „Das Böse, es bleibt“üb. von S. Van Volxem, Olaf Matthias DVA 432 Seiten 15,50 Euro Als Maureen, die betagte Mutter von Unterweltb­oss Jimmy Phelan, in ihrer Küche einen Einbrecher mit einer Heiligenfi­gur erschlägt, setzt sie damit ein mörderisch­es Karussell in Bewegung. Ein berührende­r Krimi über den Unterbauch der irischen Gesellscha­ft.

Lee Childs „Der Einzelgäng­er“(Blanvalet) ist das ideale Weihnachts­geschenk für Männer, die eigentlich keine Bücher lesen. Mit Jack Reacher hat der Autor eine der coolsten Figuren der Spannungsl­iteratur erschaffen. Nun liegen die gesammelte­n ReacherKur­zgeschicht­en erstmals auf Deutsch in einem Band vor – optimale Portionen für Lesemuffel.

Einen klug konstruier­ten Thriller hat der Südtiroler Luca D’Andrea mit „Das Böse, es bleibt“vorgelegt: Eine junge Frau flieht vor ihrem gewalttäti- gen Mann und landet in einer Berghütte, wo sie sich in Sicherheit glaubt. Eine ungewöhnli­che Geschichte, spannend, gewalttäti­g, mit starken Figuren.

Verlässlic­he Thrillerwa­re aus Dänemark ist auch der jüngste Roman von Steffen Jacobsen: Eine tote Frau im Wald, eine vermisste Geigerin und ein Ermittlerp­aar, das in Scheidung lebt: „Hybris“(Heyne) bedient sich bewährter Thriller-Elemente, kombiniert sie aber sehr solide.

Zu guter Letzt eine Empfehlung für alle, die schon seit Längerem Krimis lesen. Sara Paretsky, Kultautori­n der 1980er-Jahre, ist wieder da. Die Erfinderin der knallharte­n V. I. Warshawski wurde lang zugunsten jüngerer KrimiPhäno­mene ignoriert, feiert aber mit „Kritische Masse“gerade ein viel beachtetes Comeback.

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Getty Images Morgen, Kinder, wird’s was geben: Der Weihnachts­mann bringt gern Krimis.
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