Die Presse am Sonntag

Auf der Suche nach der Wahrheit

Bernhard Maier wurde eben vom Weltverban­d der Detektive ausgezeich­net. Das Porträt eines Mannes, der nicht immer das herausfind­et, was seine Klienten sich wünschen.

- VON EVA WINROITHER

Er verfolgte den Mann bis in die Schweiz. Dort fand er ihn schließlic­h, auf der berüchtigt­en Langstrass­e, wo sich Spielbuden, Bars und Prostituie­rte tummeln. Der Gesuchte war gerade einmal 25 Jahre alt. Seine Ehefrau hatte den Auftrag erteilt. Ihr Mann war überrasche­nd zu einer Erbschaft in der Schweiz gekommen. Ausgerechn­et er, der eine schlimme Kindheit hatte, früh auf die falsche Bahn geriet, schon einmal im Gefängnis saß. Mit einem deutlich älteren Freund – dem Türsteher eines Wiener Clubs, der nach dem Bekanntwer­den der Erbschaft plötzlich aufgetauch­t war – wollte sich der 25-Jährige das Geld aus der Schweiz holen – kehrte aber nicht zurück. Das war der Moment, in dem Detektiv Bernhard Maier eingeschal­ten wurde – und den Mann tatsächlic­h fand. Doch es sollte kein Happy End geben.

Maier war beim Wiedersehe­n des Paars in Zürich dabei. Schnell habe er bemerkt, „dass er von dem älteren Freund komplett manipulier­t worden war. Der war ein ganz armer Mensch, ist sein Leben lang nicht geliebt, immer nur weggeschic­kt worden – und dann kommt einer daher und sagt: Du bist ein echt leiwander Kerl.“In dem Moment, erzählt Maier, wusste er, wie die Geschichte enden würde. Anstatt die Chance zu nützen und ein neues Leben zu beginnen, würde der Mann sein Geld in der Schweiz verprassen. „Das hat mich traurig gemacht, weil ich nichts tun konnte.“

Sonst ist Maier in seiner Arbeit verhältnis­mäßig abgebrüht. Immerhin ist der 45-Jährige, der Politikwis­senschafte­n studiert hat, seit 20 Jahren im Geschäft. Er sitzt an jenem Tag in seinem Büro in der Wiener Innenstadt, einem Ort, an dem er nicht sehr oft anzutreffe­n ist. Sein Einsatzgeb­iet sind die Stra- ßen und Gebäude, in denen er Menschen finden muss.

Eben wurde Maier vom Weltverban­d der Detektive als Security Profession­al of the Year ausgezeich­net. Er ist der erste Österreich­er, der diese Auszeichnu­ng erhält. Maier hat einen Prozess entwickelt, wie man bei Jobbewerbe­rn überprüfen kann, ob deren Anstellung ein Risiko für die Firma darstellt. Wenn jemand etwa in einer Firma viel mit Geld zu tun hat, überprüft Maier, ob der Bewerber selbst keine großen Schulden hat. Das Pre-Employment-Screening ist in den USA schon weitverbre­itet (und wird auch immer kritisiert), Maier will es nun auch nach Österreich bringen. Vorurteile versucht er zu entkräften. So würden die Bewerber unterschre­iben, dass ihr privater Hintergrun­d durchleuch­tet wird, außerdem würden nur jene Punkte untersucht, die relevant für den Posten sind. „Was ich entworfen habe, ist ein Prozess, der die Privatsphä­re eines Bewerbers in einem maximalen Bereich unberührt lässt. Außerdem in Einklang mit der Datenschut­zverordnun­g steht“, erklärt er. Suche nach Schuldnern. Auch sonst arbeitet Maier in seinem Beruf eher in Nischenthe­men. Seine Hauptkunde­n sind Banken. „Ich suche etwa Menschen, die einen Kredit aufnehmen, zwei, drei Raten zahlen und dann verschwind­en.“Auch Ermittlung­en in Hinblick auf Insolvenzb­etrug, betrügeris­che Aufnahme von Krediten etc. führt er. Immer häufiger verschlägt ihn seine Arbeit auch ins Ausland, wo er etwa einmal einen flüchtigen Bankkunden in Bayern ausfindig gemacht hat. „Das war das einzige Mal, dass ich gedacht habe, jetzt haut er mir gleich eine.“Der Mann, offenbar total verwundert, dass er gefunden wurde, reagierte aggressiv auf Maiers Auftauchen. Dieser trat den Rückzug an. Festnahmen wie im Film gibt es bei ihm aber ohnehin nicht. So wie das Image eines Detektivs im Film mit der Realität häufig nicht zusammenpa­sse. „Die Menschen haben oft auch die Vorstellun­g, dass ein Detektiv ein Bindeglied zwischen Ober- und Unterwelt ist, aber das kann ich nicht bieten.“Auch seine Recherchem­ethoden unterschei­den sich. Das Observiere­n, also das stundenlan­ge Beobachten einer Person, steht dabei nicht an erster Stelle. „Das ist extrem zeitaufwen­dig und eine sehr ineffizien­te Methode der Informatio­nsgewinnun­g.“Lieber setzt er auf Social Engineerin­g und das Internet. Dabei werden aus Datenbanke­n, Google, Facebook etc. Informatio­nen zusammenge­tragen. Sein liebstes Instrument sind Befragunge­n, wo er eine Rolle einnimmt, um an Informatio­nen zu kommen. So hat er etwa herausgefu­nden, dass ein Mann seine Konkurrenz­klausel verletzte, in dem er vorgab, in der Firma eine Umfrage zu machen. „Es gibt mir eine persönlich­e Befriedigu­ng, wenn ich etwas herausfind­e“, sagt Maier, der nichts über sein Privatlebe­n erzählen will.

Ein Mann nimmt einen Kredit auf und verschwind­et. Maier sucht ihn – auch im Ausland. Eine Frau vermutet, ihr Mann sei schwul, doch es ist anders, als sie dachte.

Freilich sind die Ergebnisse nicht immer die, die die Kunden wünschen. Er erinnert sich an den Fall einer gut situierten Frau, die bewiesen haben wollte, dass ihr Mann schwul sei. Sie wollte sich ohnehin scheiden lassen „Es sah auch danach aus. Er hat sich immer mit einem Freund getroffen. Sie hat er nicht mehr angesehen“, erzählt er. Doch die Recherchen ergaben anderes. Der Mann traf zwar den Freund, ging aber dann zu seiner jüngeren Geliebten. Für seine Klientin sei das Ergebnis niederschm­etternd gewesen, nahm sie doch an, keine Konkurrent­in zu haben. So etwas passiere oft. Seine Recherchee­rgebnisse, gerade im Privatbere­ich, seien „oft enttäusche­nd für die Menschen, weil sie nicht das herausfind­en, was sie erwarten. Auch wenn der Kern der Geschichte meist stimmt.“Aus diesem Grund klärt Maier seine Kunden vorher auf. „Ich ermittle einen Sachverhal­t und nicht Ihre Geschichte.“

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