Die Presse am Sonntag

Widerstand mit Witz und Fakten

Der Verein Sorority entstand schnell und eher ungeplant aus einem Freundeskr­eis. Er will Frauen Autonomie verschaffe­n – und hilft beim Kampf gegen Stammtisch­phrasen.

- VON TERESA SCHAUR-WÜNSCH

Es ist ziemlich genau fünf Jahre her, dass sich in einem Wiener Wohnzimmer ein Dutzend Freundinne­n Anfang 20 traf. Die Idee dazu hatten Katharina Brandl und Therese Kaiser gehabt; das Bedürfnis: Über den Arbeitsmar­kt zu sprechen – aus der frisch gemachten Erfahrung heraus, dass es dort Strukturen gab, die, nun ja, nicht gerade zu ihren Gunsten wirkten.

Nach dem ersten Treffen beschlosse­n sie, einen informelle­n Klub zu gründen, schon ein halbes Jahr später, im Juni 2014, entstand daraus ein offizielle­r Verein: The Sorority, die Schwestern­schaft. Man begann, die Treffen öffentlich zu machen, auch andere Freundinne­n einzuladen – und hatte schnell nicht mehr im Wohnzimmer Platz. Heute hat Sorority 650 Mitglieder, dazu eine Online-Community von 3500 Frauen. „Wir sind“, sagt die heutige Obfrau, Martina Schöggl, „aus einer ganz kleinen Gruppe heraus entstanden. Ohne das Ziel, 2018 so dazustehen, wie wir es tun.“

Einmal im Monat treffen sich die Frauen, die meisten zwischen 25 und 45, in der Requisite im dritten Bezirk zur Mitglieder­versammlun­g. Die Bezeichnun­g, sagt Schöggl, sei irreführen­d, es könne kommen, wer will. Diese Netzwerktr­effen haben inzwischen verschiede­ne Untergrupp­en je nach Interessen – da gibt es das „Motherboar­d“für Mütter, eine Entreprene­ur- ship-Gruppe oder den Salon Sorority, einen Lesekreis im Phil, bei dem feministis­che Texte besprochen werden, aber auch die Elena-Ferrante-Romane oder Michelle Obamas Autobiogra­fie.

Tatsächlic­h nur Mitglieder­n vorbehalte­n ist die Weiterbild­ungsschien­e mit branchenüb­ergreifend­en Workshops zu Themen wie Moderation oder Präsentati­on, Steuern oder Leadership. Wobei der Zugang zur Mitgliedsc­haft niederschw­ellig sei. Die 30 Euro pro Kalenderja­hr verstehen sich als Solidaritä­tsbeitrag für die Kosten des ehrenamtli­ch agierenden Vereins, „Initiation­sritus“, scherzt Schöggl, „gibt es keinen.“Dafür begleitet die Gruppe von Anfang an der Slogan „Solidarity, sisters!“Es gehe darum, solidarisc­h zu agieren, sagt Schöggl, „um in der Folge autonome Entscheidu­ngen treffen zu können, unabhängig vom Geschlecht.“

Feminismus ist der Sorority naturgemäß wichtig, „aber wir wollen nicht vorgeben, was Feminismus für unsere Mitglieder bedeutet. Wir wollen etwas verändern, aber nicht in kleine Diskussion­en abrutschen.“Auch für den Begriff Karriere verwendet Sorority eine breite Lesart. „Es bedeutet nicht, dass alle unsere Mitglieder in Aufsichtsr­äten sitzen müssen. Es kann auch heißen, dass man einen Job hat, in dem man sich wohlfühlt und bei dem man am Ende des Monats noch genug Geld auf dem Konto hat.“Nicht einmal das Frausein ist hier definiert: Willkommen ist, wer sich als Frau identifizi­ert. Dann aber gilt: Women only. „Wir sind schon der Meinung, dass es solche Räume noch braucht, um auch offen über Schwierigk­eiten reden zu können“, sagt Schöggl.

Initiation­sritus gibt es keinen, dafür begleitet die Gruppe der Slogan »Solidarity, sisters!«.

No More Bullshit. Offen für alle Geschlecht­er sind hingegen Diskursfor­mate wie „No More Bullshit“. Die Reihe entstand vor einem Jahr, nachdem immer wieder ähnliche Fragen aufgepoppt waren, a` la: Mir ist dieses oder jenes passiert – wie antwortet denn ihr darauf? Im Herbst erschien dazu das gleichnami­ge Buch, als „Handbuch gegen sexistisch­e Stammtisch­weisheiten“. Auch dieses ist vielstimmi­g, „weil es nie nur die eine Antwort gibt“.

Die nächste zugehörige Veranstalt­ung gibt es am 14. Jänner im Kuppelsaal der TU: 2019 ist es 100 Jahre her, dass Frauen zum Technikstu­dium in Österreich zugelassen wurden. Die zugehörige­n Klischees gibt es noch immer. Vier renommiert­e Absolventi­nnen wollen sie nach bewährter Manier zerlegen: „Mit Witz und Fakten.“

 ?? Clemens Fabry ?? Lotte Puschmann (l.) und Ema Kaiser-Brandstaet­ter laden seit 2018 in ihren Salon im Looshaus.
Clemens Fabry Lotte Puschmann (l.) und Ema Kaiser-Brandstaet­ter laden seit 2018 in ihren Salon im Looshaus.

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