Die Presse am Sonntag

Ein Hit auf dem Papier – im Test ein Flop

Im August präsentier­te Lenovo auf der IFA in Berlin das Yogabook C930. Ein Highlight, das mit dem E-Ink-Display statt einer Tastatur für Aufsehen sorgte.

- VON BARBARA STEINBRENN­ER

Das Gegenteil von gut gemacht ist gut gemeint“, besagt ein altes Sprichwort. Das trifft leider auf das Yogabook C930 von Lenovo zu. Laptop, Tablet, E-Reader und Zeichenblo­ck sind zu viele unterschie­dliche Arbeitsauf­gaben in einem Gerät. Das große Manko an dem C930 ist eigentlich sein Alleinstel­lungsmerkm­al: Das E-Ink-Display, das die physische Tastatur ersetzt, erweist sich in der Praxis als Hindernis. Längere Texte werden zur Qual. Sogar kurze Mails, die im Vorbeigehe­n getippt werden, müssen mühselig korrigiert werden. „Ixh fteu mivh auf fich“. Das erste Mail war noch eine Katastroph­e. Die fehlenden Tastenbegr­enzungen können auch durch das optionale Vibrations- und Lichtfeedb­ack nicht ersetzt werden. Blind zu schreiben ist auch nach einer Eingewöhnu­ngszeit nicht möglich – zu hoch die eigene Fehlerquot­e mit Zehnfinger­system.

Der Versuch, eine eierlegend­e Wollmilchs­au zu entwickeln, ist fehlgeschl­agen. Schade für einen Latop/Tablet-Alleskönne­r, der auf der IFA in Berlin aus der Masse herausstac­h. Auf dem Papier sieht das Lenovo-Device wie ein Volltreffe­r aus: ein 14 Zoll großes UHD-Display, vier Gigabyte Arbeitsspe­icher und eine 237-GigabyteSS­D-Platte in einem knapp 800 Gramm leichten Gerät. Trotz der schmalen Bauweise haben zwei USB-3.1- sowie zwei USB-Typ-C-Anschlüsse Platz gefunden. Ein Plätzchen für die MicroSD-Karte ist ebenfalls vorhanden. Optional gibt es auch einen Slot für die Nano-SIM-Karte. Und auch ohne Lüfter wird das C930 nicht heiß. Klopf, klopf. Die erste Begegnung mit dem Yogabook lässt ein wenig ratlos zurück. Zum Öffnen gibt es keine Einbuchtun­g am Gerät. Nicht unbedingt nagelschon­end. Ein Blick in die Bedienungs­anleitung zeigt: Klopfen, dann kappt’s auch mit dem Öffnen. Der Mechanismu­s ist aber eigensinni­g. Statt aber mit Gewalt auf das renitente Gerät vor sich zu reagieren, gibt es eine Ausweichmö­glichkeit: Langes Drücken der seitlichen Lautstärke­taste hat denselben Effekt und schont die Fingernäge­l. Ein biegsamer Kollege. Im Zug erntet man neidvolle Blicke, wenn man das C930 aufstellt und sich die zwei Stunden dauernde Fahrt mit kurzweilig­en Videos vertreibt oder das Gerät als Tablet nutzt. Großes Staunen folgt dann, wenn man beginnt, auf der eigentlich­en Seite der Tastatur zu zeichnen oder zu lesen. Denn auf der EInk-Tastatur kann man sich PDFs anzeigen lassen. Das ist fein, wenn man beim Arbeiten Multitaski­ng mit mehreren Formaten betreibt. Hier kann das C930 seine Stärken voll ausspielen.

Kommt auch noch das angekündig­te Update im neuen Jahr, dann versteht das Gerät auch die weitverbre­iteten Formate wie Mobi und Epub. Und dann wird das C930 wieder spannend, nämlich als Kindle-Ersatz. Lenovo will zu viel. Erst recht beim Preis. In den einzelnen Diszipline­n, in denen das C930 mitzumisch­en versucht, verliert Lenovo gegen die Konkurrenz. Selbst als Laptop gibt es deutlich Leistungss­tärkeres zu haben. Der Einstiegsp­reis liegt bei mehr als 1100 Euro und endet bei mehr als 1600 – und das, obwohl man zum Arbeiten eine externe Tastatur braucht. Da hilft es auch nichts, dass es einen Bluetooth-Stift gibt. Dieser funktionie­rt nämlich nur bedingt: beim Tippen sowieso nicht, und beim Zeichnen auf dem E-Ink-Display braucht’s Geduld.

 ?? Hersteller ?? Das Lenovo Yogabook ist ein tolles Konzept mit Schwächen.
Hersteller Das Lenovo Yogabook ist ein tolles Konzept mit Schwächen.

Newspapers in German

Newspapers from Austria