Ein Hit auf dem Papier – im Test ein Flop
Im August präsentierte Lenovo auf der IFA in Berlin das Yogabook C930. Ein Highlight, das mit dem E-Ink-Display statt einer Tastatur für Aufsehen sorgte.
Das Gegenteil von gut gemacht ist gut gemeint“, besagt ein altes Sprichwort. Das trifft leider auf das Yogabook C930 von Lenovo zu. Laptop, Tablet, E-Reader und Zeichenblock sind zu viele unterschiedliche Arbeitsaufgaben in einem Gerät. Das große Manko an dem C930 ist eigentlich sein Alleinstellungsmerkmal: Das E-Ink-Display, das die physische Tastatur ersetzt, erweist sich in der Praxis als Hindernis. Längere Texte werden zur Qual. Sogar kurze Mails, die im Vorbeigehen getippt werden, müssen mühselig korrigiert werden. „Ixh fteu mivh auf fich“. Das erste Mail war noch eine Katastrophe. Die fehlenden Tastenbegrenzungen können auch durch das optionale Vibrations- und Lichtfeedback nicht ersetzt werden. Blind zu schreiben ist auch nach einer Eingewöhnungszeit nicht möglich – zu hoch die eigene Fehlerquote mit Zehnfingersystem.
Der Versuch, eine eierlegende Wollmilchsau zu entwickeln, ist fehlgeschlagen. Schade für einen Latop/Tablet-Alleskönner, der auf der IFA in Berlin aus der Masse herausstach. Auf dem Papier sieht das Lenovo-Device wie ein Volltreffer aus: ein 14 Zoll großes UHD-Display, vier Gigabyte Arbeitsspeicher und eine 237-GigabyteSSD-Platte in einem knapp 800 Gramm leichten Gerät. Trotz der schmalen Bauweise haben zwei USB-3.1- sowie zwei USB-Typ-C-Anschlüsse Platz gefunden. Ein Plätzchen für die MicroSD-Karte ist ebenfalls vorhanden. Optional gibt es auch einen Slot für die Nano-SIM-Karte. Und auch ohne Lüfter wird das C930 nicht heiß. Klopf, klopf. Die erste Begegnung mit dem Yogabook lässt ein wenig ratlos zurück. Zum Öffnen gibt es keine Einbuchtung am Gerät. Nicht unbedingt nagelschonend. Ein Blick in die Bedienungsanleitung zeigt: Klopfen, dann kappt’s auch mit dem Öffnen. Der Mechanismus ist aber eigensinnig. Statt aber mit Gewalt auf das renitente Gerät vor sich zu reagieren, gibt es eine Ausweichmöglichkeit: Langes Drücken der seitlichen Lautstärketaste hat denselben Effekt und schont die Fingernägel. Ein biegsamer Kollege. Im Zug erntet man neidvolle Blicke, wenn man das C930 aufstellt und sich die zwei Stunden dauernde Fahrt mit kurzweiligen Videos vertreibt oder das Gerät als Tablet nutzt. Großes Staunen folgt dann, wenn man beginnt, auf der eigentlichen Seite der Tastatur zu zeichnen oder zu lesen. Denn auf der EInk-Tastatur kann man sich PDFs anzeigen lassen. Das ist fein, wenn man beim Arbeiten Multitasking mit mehreren Formaten betreibt. Hier kann das C930 seine Stärken voll ausspielen.
Kommt auch noch das angekündigte Update im neuen Jahr, dann versteht das Gerät auch die weitverbreiteten Formate wie Mobi und Epub. Und dann wird das C930 wieder spannend, nämlich als Kindle-Ersatz. Lenovo will zu viel. Erst recht beim Preis. In den einzelnen Disziplinen, in denen das C930 mitzumischen versucht, verliert Lenovo gegen die Konkurrenz. Selbst als Laptop gibt es deutlich Leistungsstärkeres zu haben. Der Einstiegspreis liegt bei mehr als 1100 Euro und endet bei mehr als 1600 – und das, obwohl man zum Arbeiten eine externe Tastatur braucht. Da hilft es auch nichts, dass es einen Bluetooth-Stift gibt. Dieser funktioniert nämlich nur bedingt: beim Tippen sowieso nicht, und beim Zeichnen auf dem E-Ink-Display braucht’s Geduld.