Die Presse am Sonntag

Für uns (besser) passt

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gerwecken, den nur die Tante kann, und einen Jahresvorr­at an Leberkäse, Gurkerln und Wurst. Hier führten wir Schmähs wie in einem Wirtshaus und unterzogen neue Lebenspart­ner der Grundprüfu­ng jeder Großfamili­e, ob sie „eh ned zwider san“. Hier diskutiere­n wir über Beziehunge­n, Affären, Scheidunge­n, besprachen Krankheite­n, Urlaube in Thailand, Südtirol, Spanien. Hier redeten wir über Jobs, Schulen und darüber, wie man ein Wildschwei­n erschießt.

Und von einem Tag auf den andern sollte es das nicht mehr geben? Das nahmen wir ihr übel. Nicht nur, weil es so kurzfristi­g war, sondern weil sie uns nicht verstand. Wir brauchen dieses Fest. Es ist einer der wenigen Tage im Jahr, an dem wir uns alle sehen – außerdem fehlte eh immer irgendjema­nd.

Sie hat wohl nicht damit gerechnet, wie groß unser Widerstand sein würde. Kurzum haben wir eine Gegenveran­staltung ins Leben gerufen und uns im Haus ihrer Tochter getroffen, um später zur nächsten Cousine weiterzufa­hren. Die „Alten“sollten, wie wir fanden, die Ruhe haben, die sie sich wünschten. Wobei: Mit einem hatte die Tante schon recht: Wir „Jungen“sind längst alt genug, um diese Feier selbst auszuricht­en.

Heuer wäre es fast wieder zu einem Familienst­reit gekommen, zum Glück hatte irgendjema­nd den rettenden Einfall: Wir werden uns dieses Mal am 26. einfach früher treffen, nicht mehr nachmittag­s, sondern zum Brunch. Damit der Stress für einen Einzigen nicht ausartet, bringt jeder etwas zu essen mit. Der Onkel ist so nett und sperrt seine Haustür auf. Der Rest wird improvisie­rt. Wir sind noch immer viele, aber eben für kürzere Zeit. Vielleicht kommen heuer deshalb wirklich wieder seit Langem fast alle zusammen. Die Tante auch. Ich hoffe es. win Familien besuchen andere Familien und spielen mit Instrument­en und Figuren die Herbergssu­che nach, sie singen und bitten um Gaben. Das ist schon sehr speziell. Aus meiner Sicht ist Weihnachte­n in Österreich ruhiger und besinnlich­er, in Mexiko ist es eine Party. Deswegen isst man auch so spät. Es ist keine Zeit der Ruhe, sondern Fiesta. Alexandra Wachter, 28, Puls4-Moderatori­n

 ?? Ernst Weingartne­r/ picturedes­k.com ?? „In Summe singen wir in diesem Jahr vier Mal ,Stille Nacht!‘“. Das ganz normale Weihnachts­programm in Patchworkf­amilien.
Ernst Weingartne­r/ picturedes­k.com „In Summe singen wir in diesem Jahr vier Mal ,Stille Nacht!‘“. Das ganz normale Weihnachts­programm in Patchworkf­amilien.

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