Weihnachten so wie immer – für mich
Es war das erste Mal, dass ich ein zweites Mal fragen musste, ob ich denn auch wirklich eingeladen sei. „Du, sehen wir uns eh zu Weihnachten“, fragte ich meinen guten Freund Philipp (alle Namen im Text geändert) am Telefon. Dabei hatte mich die Mutter ihres gemeinsamen 12-jährigen Sohnes schon davor wie jedes Jahr eingeladen.
Seit sieben Jahren feiern wir gemeinsam. Philipp, Marlene, ihr Sohn Maximilian, der mein Patenkind ist, und ich. Sie zählen zu meinen engsten Freunden. Angefangen hat unsere Festtradition, als meine Familie beschloss, nicht mehr als Großfamilie in der Steiermark zu feiern. Nachdem auch die Cousine eigene Kinder bekommen hatte, hat sich das Fest bei meinen Großeltern, wo meine Eltern, die Cousine und Tanten samt Anhang und ich zusammenkamen, am 24. Dezember aufgelöst.
Wir sehen uns jetzt immer am Tag danach – und ich wandere am 24. gegen 18 Uhr zu meinen Freunden und meinem Patenkind. Vor ein paar Jahren war es noch meine Aufgabe, seinen Glauben an das Christkind aufrechtzuerhalten. Als ich mich in die Wohnung schlich, die Kerzen anzündete und zehn Minuten später ganz normal an der Tür läutete. Da hat der Kleine gestaunt, als er den leuchtenden Christbaum gesehen hat. Nach meiner Ankunft findet meist die Bescherung statt. Davor singen wir „Stille Nacht, Heilige Nacht“– das habe ich eingeführt – danach gibt es Abendessen. Philipp ist ein ausgezeichneter Koch.
Heuer ist es trotzdem anders. Marlene und Philipp haben sich vor drei Monaten getrennt. Es ging einfach nicht mehr. Philipp ist ausgezogen, Weihnachten werden die drei trotzdem gemeinsam feiern. Marlene hat mich schon vor einem Monat eingeladen. Vielleicht werde ich auch als kleiner Puffer dienen. So genau weiß ich das nicht. Es ist mir auch egal. Ich freue mich auf das Fest. „Natürlich sehen wir uns am 24. Dezember“, hatte Philipp zum Glück am Telefon geantwortet. Weihnachten ist also so wie immer – zumindest für mich. red.