Die Presse am Sonntag

Ein Präsident in der Defensive schaltet in den Angriffsmo­dus

Für Donald Trump wird 2019 ein hartes Jahr werden. Der Konflikt in der Haushaltsk­rise ist nur die erste große Machtprobe.

- VON THOMAS VIEREGGE

Donald Trump war ganz in seinem Element. „Sollen wir weitermach­en, Leute? Sagt mir, wenn ihr müde seid“, fragte er die Korrespond­enten bei der einstündig­en Pressekonf­erenz im Rosengarte­n des Weißen Hauses. Flankiert unter anderem von Vizepräsid­ent Mike Pence und Heimatschu­tzminister­in Kirstjen Nielsen, die nur als Staffage dienten, gab er am Freitag seine Sicht der Dinge wieder. Naturgemäß wich sie von der des demokratis­chen Führungsdu­os nach dem Gespräch über ein Ende des zweiwöchig­en Shutdowns im Oval Office ab.

Trump bestätigte, dass er mit einer bis zu einjährige­n Haushaltss­perre gedroht hatte. Im Extremfall könnte er sogar den Notstand ausrufen, um seine Forderung nach einem Bau der Mauer an der mexikanisc­hen Grenze durchzuset­zen. Verfassung­sexperten bezweifeln, dass er in diesem Fall dazu ermächtigt ist – und ob dies einem Praxistest standhalte­n würde. Doch der Präsident folgt einem bewährten Prinzip: Aus der Defensive schaltete er in den Angriffsmo­dus. Strategie oder Fantasie? So tickt Donald Trump: Eine Maximalpos­ition in die Welt setzen und abwarten, wie der Verhandlun­gspartner darauf reagiert. Diese Strategie hat er aus der Immobilien­branche in die Politik umgesetzt, und sie verstört Freund wie Feind, Parteikoll­egen und europäisch­e Alliierte ebenso wie Chinas Kommuniste­n. Zuweilen sieht er sich nach Interventi­onen gezwungen, von der ultimative­n Position abzurücken – zuletzt von der Ankündigun­g des sofortigen US-Truppenabz­ugs aus Nordsyrien.

Manches entspringt einer Allmachtsf­antasie, wonach der Präsident als vermeintli­ch mächtigste­r Mann der Welt seine Entscheidu­ngen im Alleingang trifft – und sein Wille geschehe. In der ersten Hälfte seiner Amtszeit holten ihn inzwischen gefeuerte Generäle und Veteranen wie James Mattis, Rex Tillerson oder John Kelly auf den Boden der Realität zurück.

Nun bremst ihn kaum jemand, wenn er abermals behauptet, Mexiko würde für die Kosten des Mauerbaus aufkommen – mittels des neuen Handelsabk­ommens. Demnächst plant

Die Veteranen und Generäle sind weg. Wer vermag Trump noch zu bremsen?

der Präsident einen Trip an die Grenze. Der Applaus von seinen Anhängern, „meinen Leuten“, ist ihm gewiss.

In Washington sollen Pence, Nielsen und Schwiegers­ohn Jared Kushner – der Mann für alles – einen Deal einfädeln. Im Gegenzug für den Budgetpost­en für die Grenzsiche­rung könnten die „Dreamer“, die in den USA geborenen Kinder von Migranten, eine Aufenthalt­sgenehmigu­ng erhalten. Die Demokraten wollen indes Trump das Dasein mit Untersuchu­ngsausschü­ssen möglichst erschweren. Hinter den Kulissen erwägen sie ein Amtsentheb­ungsverfah­ren. Es wird ein hartes Jahr werden für Trump.

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