Essenstrends: Sehnsüchte und
Neues Jahr, neue Trends – das gilt auch für das Essen. Was prognostiziert wird und welche Entwicklungen in der Esskultur von größerer Bedeutung sein werden. Von Gemüse bis Laborfleisch.
Schnapp dir zum Start des neuen Jahrs einen Kaffee, ein gutes Buch und eine Handvoll Pistazien – keine Mandeln, denn die waren letztes Jahr aktuell: Mehr oder weniger so bringt es die US-amerikanische Ernährungsberaterin Liz Blom in einem Beitrag auf Instagram ironisch auf den Punkt: Ein neues Jahr bringt neue Foodtrends. Oder zumindest immer wieder die Frage: Was werden wir dieses Jahr (nicht mehr) essen?
Im Netz kursiert eine Reihe von potenziellen Trends für das Jahr, etwa von einer großen US-Biokette, einer amerikanischen Beratungsfirma oder Pinterest, das seine Suchanfragen auswertet. Da ist etwa die Rede von Pilzen oder von Snacks aus dem Meer. Von allem, was probiotisch – also fermentiert – ist oder von sauren Geschmäckern. Während die einen das Jahr der Hafermilch voraussagen, orten die anderen einen Trend zur Chayote, einer Art mexikanischem Kürbis. Und manche anderen Plattformen zerren auf der Suche nach der nächsten It-Frucht gar die schwarze Sapote wieder hervor, deren matschiges, braunes Inneres nach Schokoladepudding schmecken soll. Pink oder Koralle. Dass die Chayote (oder auch die Sapote) in absehbarer Zeit tatsächlich auch in Österreich zum großen Ding wird, kann man wohl mit Fragezeichen versehen. Eher ist sie so etwas wie der eine oder andere (angebliche) Foodtrend des vergangenen Jahres, der von Influencern aus Übersee fürs dortige Publikum prognostiziert wurde – und der hierzulande sogar an vielen Essensinteressierten spurlos vorübergegangen ist: pink Essen etwaWobei es sogar manche gibt, die analog zur Trendfarbe des Jahres nun Koralle auch fürs Essen prognostizieren.
Die Trendforscherin Hanni Rützler interessieren derartige Essenshypes allerdings ohnedies nur am Rande. „Ein gewisser Smoothie, der das It-Rezept des Sommers ist, oder die Gojibeere, die in sozialen Medien und in Fachmagazinen aufgegriffen wird: Das ist für mich eine Mode. Das sind so Wellen, die vergehen auch wieder.“Wellen, die im Fall von Smoothies und Gojibeeren wohl auch tatsächlich schon wieder am Abklingen sind. Die Vorarlbergerin Rützler, die seit sechs Jahren jedes Jahr für das deutsche Zukunftsinstitut den „Food Report“verfasst, sammelt diese Phänomene zwar. Eigentlich spannend sind für sie aber neue Entwicklungen in der Esskultur, die von größerer Tragweite sind als die In-Frucht des Jahres – und die nicht primär für die USA gelten, sondern auch hier spürbar sind.
Eine, die sie in ihrem jüngsten Report 2019 analysiert, ist etwa der gesunde Hedonismus – also gesunde Ernährung, aber ohne Verzicht und Verbote und mit Genuss und Geschmack. Eine andere ist das pflanzenbasierte Essen. „Die kulinarische Aufwertung von pflanzlichen Nahrungsmitteln ist in vollem Gange“, schreibt Rützler. „Pflanzen sind die neuen Superstars.“Das bringt – abgesehen davon, dass Gemüse auf dem Teller eine Hauptrolle bekommt – etwa auch eine ganz neue Generation von pflanzenbasier- ten Produkten aus Nüssen oder Hülsenfrüchten, aus natürlich süßen Beeren oder Früchten. Der Kern davon: „Man muss nicht mehr auf Fleisch verzichten, sondern kann aus einer Vielzahl von ebenso wohlschmeckenden pflanzlichen Alternativen wählen.“ Die Sehnsucht dahinter. Fragt man Rützler, was hinter derartigen Trends steckt, dann holt sie gleich einmal weit aus und kommt zu den großen gesellschaftlichen Entwicklungen, von denen sie angeschoben werden: Individualisierung, Globalisierung oder eben Gesundheit zum Beispiel, auf die (weltweit vernetzten) Konsumenten (siehe auch Artikel unten), findige Start-ups, die Industrie, der Handel oder die Gastronomie reagieren. Und, zurück zum Grundsätzlichen: „In meiner Definition sind Foodtrends neue Antworten auf Wünsche, Sehnsüchte und Probleme.“
Hinter dem Trend zum pflanzenbasierten Essen steckt demnach eine Idee, die die wachsende Zahl an Menschen anspricht, die sich gesünder ernähren und die ihren Fleischkonsum auch der Umwelt zuliebe reduzieren wollen – aber ohne ideologisch aufgeladene Begriffe wie vegan zu verwenden, die für viele allzu sehr nach Verzicht klingen. Oder, ein nicht ganz so aktu-
Eine neue Generation von Produkten aus Nüssen, Hülsenfrüchten, Beeren.