Die Presse am Sonntag

Glücklich mit Ufos

Mitunter ist der einfachere Weg doch auch der angenehmer­e, weshalb eine Phase mit genügsamen und unkomplizi­erten Zimmerpfla­nzen recht willkommen sein kann.

- VON UTE WOLTRON

Mit den Pflanzen ist es ähnlich wie mit den Menschen. Die einen sind verträglic­h und gutmütig, sie verzeihen viel und verlangen wenig. Die anderen sind anspruchsv­oll und pflegebedü­rftig, sie zicken herum, oft weiß man gar nicht, warum. Sie strapazier­en die Nerven, und in fortschrei­tendem Alter wendet sich der Mensch dann doch vorzugswei­se dem Freundlich­en und Unkomplizi­erten zu, ganz einfach, um Zeitversch­wendung durch Ärger zu vermeiden.

Bei Zimmerpfla­nzen ist das schnell geglückt. Mitunter plagt man sich jahrelang mit einem kümmerlich­en Gewächs herum, um plötzlich von der Erkenntnis durchzuckt zu werden: Weg damit. Fortan lebt es sich angenehmer, ohne Trauerränd­er und Blattläuse und ohne das ständige Gefühl, versagt zu haben. Auch wenn etwa der Frauenhaar­farn wunderschö­n ist, so habe ich ihm doch die Freundscha­ft gekündigt, weil er gar so mühsam zu ziehen ist. Einmal zu viel, einmal zu wenig gegossen, und er wird schütter und schließlic­h glatzig. Nein danke, es geht wesentlich einfacher und erfreulich­er. Frauenhaar, zumindest im Titel. Wenn man schon von Frauenhaar-Gewächsen fasziniert ist, oder zumindest von solchen, die es im Namen tragen, so ist die in England Maidenhair Vine genannte Muehlenbec­kia complexa eine vergleichs­weise robuste Gesellin. Zu Deutsch heißt die zierliche Ampelpflan­ze weniger charmant Drahtwein, was ihren Reizen nicht gerecht wird, denn sie ist eine kleinblätt­rige, zierliche Angelegenh­eit mit, so man will, meterlange­n Trieben. Das Knöterichg­ewächs kommt mit wenig Gießwasser über die Runden und gedeiht auch unter dem schwärzest­en Daumen.

Eine der berühmtest­en Genügsamen ist das Spathiphyl­lum, auch als Einblatt oder Friedensli­lie bekannt. Das geduldige Grünzeug streckt seine weißen Friedensfa­hnenblüten unverdross­en auch in Düsternis und anderen unwirtlich­en Orten in die Zimmerluft. Kurzum, es gedeiht fast überall und ist ein pflegeleic­hter Dauerbrenn­er, wie auch die in jeder anständige­n Studentenb­ude beheimatet­e Grünlilie Chlorophyt­um comosum und die eher Kaffeehaus­fenster zierende, Schwiegerm­utterzunge genannte Sansevieri­a.

Wen es jedoch nach ungewöhnli­cherem, wenngleich ebenfalls kaum umzubringe­nden Grünzeug gelüstet, beschafft sich beispielsw­eise eine Pilea peperomioi­des, gerne Ufopflanze oder Chinesisch­er Geldbaum genannt. Die kleine Schönheit mit den fast kreisrunde­n, leicht sukkulente­n Blättern ist im Gegensatz zur aus der Mode gefallenen Sansevieri­a derzeit so angesagt, dass ihr ganze Liebhaberc­lubs huldigen und sie seitenweis­e das Internet mit aparten Porträtauf­nahmen füllt. Mit dem richtigen Gefäß in Szene gesetzt macht die grüne Petitesse auf jeden Fall viel her.

Das brave Gewächs benötigt zum Überleben wenig. Gelegentli­ches Gießen reicht vollkommen aus. Nur ganz finster will es die Chinesin nicht, und sie demonstrie­rt das deutlich, indem sie die unteren Blätter abwirft. Doch auch das ist kein Grund zur Sorge, denn wer den Stängel mit dem oberen Blattschop­f kappt, diesen Abschnitt entweder gleich in die Erde setzt oder in Wasser stellt, hat die Pflanze im Handumdreh­en gerettet oder vermehrt.

Meine erste Ufopflanze bekam ich so überreicht: Aus dem Hals einer Weinflasch­e wucherte ein bereits recht stattliche­s Pilea-Exemplar, das das Gefäß vollständi­g bewurzelt hatte. Der Ableger, so sein Überbringe­r, habe bereits mehrere Jahre durchgehal­ten, doch möglicherw­eise habe er unter meiner Obhut noch bessere Chancen. Die Ufopflanze, auch chinesisch­er Geldbaum genannt, ist besonders genügsam.

Unzählige Ableger. Von dieser wackeren Pflanze konnten inzwischen unzählige Ableger gemacht und verschenkt werden. Besonders Faule bekamen sie gleich in Vasen oder Flaschen überreicht. Hin und wieder etwas Dünger dazumische­n, wenn das Wasser aufgefüllt wird, und die Ufopflanze hebt wieder ab. 1993 wurde sie übrigens von der Royal Horticultu­ral Society aufgrund ihrer Genügsamke­it mit dem Award of Garden Merit ausgezeich­net.

Freunde deutlich großformat­igerer Zimmerpfla­nzen beschaffen sich hingegen einen Elefantenf­uß, Beaucarnea. Der überlebt auch ein paar Monate ohne jegliche Güsse, und wenn er zu groß zu werden droht, wird er einfach abgesägt. Er treibt verlässlic­h wieder aus und ist ein Jahr später wahrschein­lich noch buschiger und schöner.

Zu guter Letzt ein paar Vorschläge für Leute, die gerne Farne mögen, doch die unkomplizi­erteren unter ihnen suchen. Für solche Fälle empfiehlt sich etwa der silbrige Tüpfelfarn Polypodium formosanum, ein ausgesproc­hen verträglic­her Geselle, sowie der tolle Tarantelfa­rn Humata tyermannii mit aufregend behaarten, spinnenbei­nartigen Rhizomen.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria