Das Burgtheater braucht mehr Geld und neue Stühle
Karin Bergmann, die mit Saisonende scheidende Burg-Chefin, mag den Genossen Trend nicht und fordert vor allem Praktisches.
„Ich sehe weder eine Rückkehr zum klassischen Theater, was immer das tatsächlich sein soll, noch völlig neue Formate“, erwidert Burgtheater-Direktorin Karin Bergmann auf die Frage nach Trends für künftige Spielpläne. Sie sieht jedoch eine „zunehmende Diversität der Programme“, wichtige Themen seien und bleiben „Heimat, Migration, Fremdsein“. Schauspielensembles werden multikultureller. Das Multikulturelle fließe auch in klassische Stoffe ein. Romanadaptionen seien beliebt wegen der Sehnsucht nach großen Geschichten. Wie steht’s mit der Auslastung? Sie beträgt 83 Prozent.
Was sind die Hits? Laut Bergmann: „Mephisto“, die Komödie „Schöne Bescherungen“, Dürrenmatts „Besuch der alten Dame“, im Akademietheater: „John Gabriel Borkman“, „Der Kandidat“, „The Who and the What“von Ay- ad Akhtar. Vergangene Saison mochte das Publikum speziell den „Sommernachtstraum“, „Liebesgeschichten und Heiratssachen“, „Die Welt im Rücken“von Thomas Melle mit Meyerhoff oder „Die Glasmenagerie“. Was wünscht sich Bergmann für die Burg materiell? „Die Valorisierung der Gehälter und im Haupthaus eine neue Bestuhlung.“Die von Bergmann genannte Hitliste ist recht interessant, sie zeigt, dass Publikumslieblinge eine große Rolle spielen, Maria Happel spielt die Hauptrolle im „Besuch der alten Dame“, Peter Simonischek in „The Who and the What“, Nicholas Ofczarek ist der Protagonist von „Mephisto“. Nicht immer freilich lockt ein Star Zuschauer. Die Münchner etwa konnten sich mit Frank Castorfs Inszenierung von „Kasimir und Karoline“im Residenztheater nicht anfreunden, trotz Birgit Minichmayr.
Kusejsˇ eigene Inszenierung von Arthur Millers „Hexenjagd“am Burgtheater war keineswegs ein Publikumsrenner, seine Version von Grillparzers „König Ottokar“(mit Tobias Moretti) sehr wohl. Die nächsten Premieren in der Burg: Claus Peymann inszeniert Ionescos „Stühle“(Akademietheater). Kusejˇ will den rüstigen Achtziger angeblich nicht mehr beschäftigen, was diesen hart trifft und (laut APA) animierte, sich als Sanierer beim Volkstheater anzubieten. Ernsthaft? Im Burgtheater bringt Christian Stückl „Hiob“nach Joseph Roth heraus. Stückl, auch Chef des Münchner Volkstheaters, kann sich freuen, im ehemaligen Schlachthof bekommt er für 130 Millionen Euro ein neues Theater. Nach den gewaltigen Kostenüberschreitungen bei Kulturbauten wie der Hamburger Elbphilharmonie ließ sich die Stadt München vom Generalunternehmer einen Fixpreis garantieren.
Das Münchner Volkstheater war in der Krise, die aktuelle tobt um die Münchner Kammerspiele, wo Matthias Lilienthal 2020 nach fünf Jahren geht, wegen seines Engagements für Flüchtlinge. Zwei ehemalige Dramaturgen führen künftig Münchens Prestigebühnen: Andreas Beck, zuletzt in Basel Intendant, übernimmt das Residenztheater. Barbara Mundel kommt an die Kammerspiele. Von nicht inszenierenden Intendanten erhofft man sich weniger Egomanie und Dünnhäutigkeit.
Peymann fühlt sich von Kuˇsej ungeliebt, würde aber das Volkstheater sanieren. Ernst?