Die Presse am Sonntag

Wiederentd­eckung der Streuobstw­iesen

Streuobstw­iesen gelten längst als gefährdet. Initiative­n wollen das ändern.

- VON KARIN SCHUH

Ein bisschen erinnert es an jene Tiere oder Pflanzen, die vom Aussterben bedroht sind: die Prämierung der schönsten Streuobstw­iese oder auch die Kür zum Streuobst des Jahres sind Initiative­n, die diese mittlerwei­le zur Seltenheit gewordene Form des Obstbaus mehr Beachtung schenken sollen.

Früher einmal war die Streuobstw­iese hingegen keine Besonderhe­it, sondern vielmehr die klassische Art, Obstbäume zu kultiviere­n: eine Wiese, auf der hochstämmi­ge Obstbäume frei wachsen dürfen. Die Flächen dazwischen werden als Grünland genutzt, also entweder gemäht oder beweidet. Im weiteren Sinn gehören auch Obstbäume in Weingärten oder auf Ackerfläch­en sowie Obstalleen zum Streuobstb­au. Sie unterschei­den sich von Obstplanta­gen vor allem darin, dass die Bäume Platz haben (in die Höhe und in die Breite), robuster sind und extensiv bewirtscha­ftet werden, was sich positiv auf die Biodiversi­tät auswirkt. Immerhin soll eine Streuobstw­iese bis zu 5000 Tier- und Pflanzenar­ten beheimaten. Außerdem erhöhen Streuobstw­iesen auch die Sortenviel­falt. Auf einer Obstplanta­ge, bei der die Bäume eng aneinander gesetzt sind und niedrig wachsen, gibt es meist nur wenige Sorten. Rückgang um 80 Prozent. Ab der Mitte des 20. Jahrhunder­ts wurden Streuobstw­iesen von Obstplanta­gen verdrängt. Laut der Initiative Blühendes Österreich gingen die Flächen zwischen 1965 und 2000 in Mitteleuro­pa um bis zu 80 Prozent zurück. Mittlerwei­le stehen Streuobstw­iesen auf der Roten Liste der stark gefährdete­n Lebensräum­e. „Es gibt in Österreich circa 4,5 Millionen hochstämmi­ge Bäume, also Streuobst- und Hausobstbä­ume“, sagt Katharina Varadi-Dianat, Obfrau der Arge Streuobst. In den 1930er-Jahren waren es noch ca. 37 Millionen Bäume. Die Fläche der Streuobstw­iesen ist heute genauso groß wie jene der Obstplanta­gen. Allerdings hat eine Plantage rund 2500 Bäume pro Hektar, während eine Streuobstw­iese auf 50 bis 70 Bäume kommt.

Problemati­sch sei nicht nur der Rückgang von Streuobstw­iesen, sondern auch das Alter der Bäume und der „massive Wissenssch­wund“hinsichtli­ch Pflege und Schnitt. „Es gibt nicht genug Baumschule­n, die hochstämmi­ge Bäume kultiviere­n“, sagt VaradiDian­at. Dennoch hat sich in den letzten Jahren dank des Engagement­s mehrerer Initiative­n einiges getan. Die schönste Streuobstw­iese steht laut dem von Blühendes Österreich initiierte­n Wettbewerb übrigens in Kirchdorf an der Krems. Das Streuobst des Jahres ist die Pflaumenso­rte Roter Spenling.

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