Nicht unbedingt nach Papas Geschmack
Toni Pi¨ech, Sohn des langjährigen VW-Patriarchen, stellt in Genf ein Elektroauto auf die Bühne.
werteten (nie aber im 25 PS starken Bulli die Verfolgung aufnahmen). Wer das erste Bußgeld blechen durfte, oder „Knöllchen“ausfasste, wie man bei unseren Nachbarn sagt, ist nicht bekannt. Vielleicht ein übermütiger Käfer, vielleicht ein fabriksneuer BMW 507.
Die Radartechnik des Bulli ist im Prinzip bis heute im Einsatz, bloß automatisiert und meist in feststehenden oder mobilen Kabinen untergebracht. Alte Autofahrersorge: Man wird geblitzt, weil ein anderer auf gleicher Höhe dahineilt. Wie kann man sicher sein, dass der Richtige gestraft wird? Verwechslungen werden dadurch vermieden, dass jedes Radargerät zweimal blitzt, im Abstand von 0,5 Sekunden. Beim Betrachten beider Bilder lässt sich in der Regel mit freiem Auge erkennen, wer mehr Meter gemacht hat, also schneller unterwegs war. Auch ist für das schnellere Auto eine bestimmte Stelle auf dem Bild vorgesehen.
Inzwischen sind die Radargeräte digitalisiert, das zeitaufwendige Wechseln der Filmkassetten entfällt, der Beamte steckt einen USB-Stick an das Gerät, fertig, oder die Behörde hat ohnehin Online-Zugriff. Noch zielgenauer als Radar ist Laser, weshalb die Umstellung auf diese Technik im Gang ist – und weshalb auch die Toleranzen künftig niedriger angesetzt werden.
Immer beliebter wird die Section Control, mit der neuralgische Passagen tempomäßig effektiv befriedet werden können: Sie ermittelt die gefahrene Durchschnittsgeschwindigkeit zwischen zwei Messpunkten. Dass zu diesem Zweck erst einmal alle Kennzeichen erfasst werden, beschäftigt derzeit die Behörden in Niedersachsen – Datenschutzbeauftragte halten für verfassungswidrig, was bei uns längst gleichmütig an vier Stellen im Land hingenommen wird, in Deutschland aber gerade erst Premiere feiert.
Mit dem Einzug des mehr oder minder autonomen Autos wird das Bolzen ohnehin vom Volks- zum Exotensport. Die Systeme sind auf Einhaltung der Tempolimits eingeschworen, je nach Fahrassistenzgrad wird es irgendwann zu lästig, sie ständig zu „overriden“. Auch wird gerechnet, dass die große Elektrifizierung das Tempo allgemein absenken wird – es kostet dann ja nicht nur Bußgeld, sondern auch wertvolle Reichweite. Auf dem Genfer Autosalon (7. bis 17. März) wird das europäische Autojahr eröffnet, ein Pflichttermin für die Branche. Allerdings nicht nur für die Großen. Genf ist traditionell auch Bühne für Exoten und mitunter skurrile Vehikel. Doch in diesem Jahr tritt in der Ecke der Handverlesenen ein gewichtiger Name an: Piech.¨ Den verbindet man mit allerlei Automodellen, bislang aber mit keinem Elektroauto, wie es das Unternehmen Piech¨ Automotive für den Salon angekündigt hat.
Dahinter steht auch nicht der ehemalige VW-Patriarch und Porsche-Enkel Ferdinand Piech,¨ den es mit 81 Jahren mitnichten in ein Elektro-Start-upAbenteuer zieht. Es ist Sohn Anton, geboren und wohnhaft in der Schweiz, der in Genf mit seinem Prototypen Mark Zero viel Aufmerksamkeit auf sich ziehen wird. Dass der alte Herr im Hintergrund dennoch mitwirkt, das halten Kenner des Piech-¨Clans für ausgeschlossen.
Unter den 12 Nachkommen, die aus vier Ehen hervorgegangen sind, unterhält Ferdinand Piech¨ dem Vernehmen nach nur mit dem jüngsten, Sohn Gregor, eine engere Verbindung. Auch wurde von Alt-Piech¨ nie ein Faible für Elektroautos bekannt, eher im Gegenteil. Zu den Autos, die man ihm zuschreibt, zählen der legendäre Porsche-Rennwagen 917, zufällig vor genau 50 Jahren in Genf vorgestellt, der Audi Quattro (und mit ihm der moderne Pkw-Allradantrieb) und so gegensätzliche Modelle wie die Spar-Flunder VW XL1 und das 1001-PS-BugattiMonster Veyron. Zur E-Mobilität brach VW erst nach der Ära Piech¨ auf.
Was ist vom Mark Zero zu erwarten? Ein zweitüriger, elektrisch angetriebener Sportwagen mit 500 km Reichweite zum Preis eines 911 Turbo. Über Leistung und andere Daten schweigt man sich noch aus. Heimat des Projekts ist Zürich, ob das in drei Jahren angekündigte Serienprodukt auch in der Schweiz gebaut werden wird, ist offen. Anton „Toni“Piechs¨ Firma ist in einem Gebäudekomplex der ehemaligen Hürlimann-Brauerei in Zürich untergebracht, zu den Nachbarn zählt neben einer Google-Niederlassung der Schweizer Energieversorger Alpiq – der sich ebenfalls stark in der E-Mobilität engagiert.
Im Elektroauto kostet Bolzen nicht nur Bußgeld, sondern auch Reichweite.