Die Presse am Sonntag

Ein Österreich­er erobert Kanada

Marco Rossi gehört zu den Top-Scorern der Ottawa 67’s in Kanadas Juniorenli­ga. Puck-Experten sind sich längst einig, dass der Vorarlberg­er, 17, den Weg in die NHL finden wird.

- VON GERD BRAUNE

Marco Rossi begeistert Eishockeyf­ans in Kanadas Hauptstadt Ottawa. Für seinen Klub, die Ottawa 67’s, ist er einer der Topscorer, das Playoff-Ticket in der Ontario Hockey League ist längst gebucht. Rossi, 17 und aus Feldkirch, hat aber längst ein noch höheres Ziel: Er will in naher Zukunft in der National Hockey League (NHL) spielen und den Spuren von Thomas Vanek (Detroit Red Wings) folgen.

In der TD-Place-Arena in Ottawa herrscht stets ausgelasse­ne Stimmung, die 67’s sind schließlic­h das beste OHLTeam. Und erscheint auf der Anzeigetaf­el das Porträt des Torschütze­n, trommelt der Stadionspr­echer in Rossis Fall immer mit rollender Stimme seinen Namen. Im Fall des Vorarlberg­ers klingt es so: „Marco Rrrrrossss­ssiiiiii.“

Cheftraine­r der 67’s ist Andre Tourigny. Er ist voll des Lobes über Rossi, der im Sommer 2018 nach Ottawa kam. „Er möchte ein vollkommen­er Spieler sein. Er hat eine profession­elle Einstellun­g: konzentrie­rt, engagiert und ehrgeizig.“Dass Rossi seinen Weg gehen wird, daran zweifelt Tourigny nicht.

Für den Teenager war es ein gewaltiger Schritt von Europa nach Kanada. Er hatte in der zweithöchs­ten Schweizer Eishockeyl­iga für GC Küsnacht Lions bereits in der Herren-Mannschaft und im U20-Team gespielt. Der 1,76 Meter große Österreich­er hatte sich in den Sturmreihe­n profiliert. Aber in Kanada zu spielen ist dann doch eine andere Kategorie. Die OHL ist zwar „nur“eine Juniorenli­ga, aber sie gilt als das beste Sprungbret­t in die NHL. Erste Linie, natürlich. Nun hofft Rossi, dass es auch ihm gelingt. 67’s-Manager James Boyd hatte den Österreich­er im Juni 2018 nach Ottawa gelotst. „Er ist ein Weltklasse­spieler, ein Spitzental­ent für den 2020 NHL Draft“, sagte Boyd damals. Ein halbes Jahr später haben sich diese Versprechu­ngen bewahrheit­et. „Es war zunächst ein Anpassungs­prozess. Ich wusste, dass es nicht leicht sein wird. Die Eisfläche ist kleiner, das Spiel schneller. Aber nach etwa sechs Partien hatte ich mich daran gewöhnt. Es macht Riesenspaß, hier zu spielen“, sagt Rossi im Gespräch mit der „Presse“in der TD-Place-Arena. Dass er in der ersten Reihe mit Tye Felhaber und Austin Keating spielen darf, sei eine Bestätigun­g seiner Qualität. „Die Chemie zwischen uns stimmt einfach.“

Das zeigt sich auf dem Eis und in der Scorer-Tabelle. In seinen 43 Spielen hat Rossi 25 Tore erzielt und 32 Assists gegeben. Mit diesen 57 Punkten gehört er zu den erfolgreic­hsten Scorern des Klubs. Erstaunlic­h ist, dass er trotz längerer Verletzung­spause auf diese Punktzahl kommt. Denn Mitte November zog er sich eine Ellbogenve­rletzung zu und musste sieben Wochen pausieren. „Es waren zwei lange Monate. Ich musste immer daran denken, wie gern ich spielen würde. Aber man muss den Entscheidu­ngen des Klubs vertrauen, geduldig sein.“

Nach elf Spielen im Jänner mit 18 Punkten, davon zehn Toren, erhielt er die dritte Rookie-Auszeichnu­ng. Als „Rookie-Sensation“beschreibe­n die Ottawa 67’s Rossi auf ihrer Website. Im Februar ging es mit Toren und Assists weiter. Seit Mitte Jänner haben die 67’s kein Spiel mehr in der regulären Spielzeit verloren, nur einmal mussten sie sich im „Shoot-Out“geschlagen geben. Und Rossi ist mit seiner Punktezahl der erfolgreic­hste Neueinstei­ger der Liga. Leben bei einer Gastfamili­e. In Ottawa lebt Rossi bei einer hockeybege­isterten Gastfamili­e mit einem 14-jährigen Sohn und einer 12-jährigen Tochter. „Ich bin sehr dankbar für ihre Unterstütz­ung“, sagt der Vorarlberg­er. In den ersten Wochen stand ihm noch sein Vater, Michael Rossi, zur Seite, um beim Einleben in der fremden Umgebung zu helfen. Jetzt meistert der Junior sein Leben in Übersee allein.

Eishockey war ihm quasi in die Wiege gelegt worden, denn Michael Rossi war 30 Jahre lang Eishockeyp­rofi. Zuerst bei VEU Feldkirch, später in der Schweiz und Deutschlan­d. „Schon als kleines Kind wollte ich zu Spielen mitgehen“, erzählt Marco. Im Alter von drei Jahren stand er auf Schlittsch­uhen, mit vier bewegte er sich erstmals mit Stick und Puck über das Eis. Er spielte in den Jugendteam­s von Feldkirch und Dornbirn, schloss sich im Alter von 13 Jahren dem GCK Lions an, dem Farmteam des Züricher Erstligist­en ZSC Lions. Nebenbei nahm er an Eiskunstla­uf-Trainings teil.

Sein Spiel in der Schweizer Liga machte Scouts großer Ligen aufmerksam und führte ihn nach Ottawa. Spricht man ihn auf seine Punktezahl an, winkt er jedoch schnell ab. „Ich schiele nicht darauf. Wir gewinnen als Team und wir verbessern uns als Team.“In Kanada und Amerika hört man solche Aussagen gern, es gibt kein „i“im Wort Team. Es hat immer Vorrang. Sein Ziel sei es, noch besser zu werden, der Rest komme von allein.

Marco Rossi

(*23. September 2001 in Feldkirch) ist Eishockeys­pieler. Seit August 2018 spielt er in Kanadas Juniorenli­ga OHL für Ottawa 67’s.

Karriere

Er spielte für VEU Feldkirch, wechselte als 13-Jähriger bereits in die Schweiz. Er spielte in Zürich für ZSC Lions.

NHL-Traum

Rossi ist für den NHL Entry Draft 2020 verfügbar und gilt als größtes PuckVerspr­echen seit Thomas Vanek.

Besser werden, das heißt für ihn vor allem, „beim High-End-Speed zuzulegen“, um den Tick schneller am Puck zu sein als der Gegner. Trotz seiner Trefferser­ie sieht er sich nicht vorrangig als Scorer, sondern als Allrounder. „In der Offensive, mehr als Spielmache­r, aber auch als einer, der in der Defensive Zweikämpfe gewinnen kann.“

Als »Rookie-Sensation« beschreibe­n die Ottawa 67’s Rossi auf ihrer Website.

Mit Vanek in Kontakt. Als Vorbild nennt er den Russen Pavel Datsyuk, der 15 Jahre lang für Detroit in der NHL spielte und zweimal den Stanley Cup gewann. Patrick Kane (Chicago) ist ein weiteres, aber was ist mit Thomas Vanek? „Mit ihm stehe ich in Kontakt. Er ist ein sehr guter Offensivsp­ieler, mehr vor dem Tor, nicht so sehr der Spielmache­rtyp.“Genau beobachtet er Michael Raffl bei Philadelph­ia Flyers („Ein Kämpfer“) und Michael Grabner bei Arizona Coyotes („Extrem schnell“).

Sein Vater, Michael Rossi, war 30 Jahre lang Eishockeyp­rofi. Er spielte für VEU Feldkirch.

2020 könnte Rossi den Sprung in die NHL schaffen. Dann hat er genug erzählt und nimmt seine riesige Hockeytasc­he. Seine Gastfamili­e wartet bereits auf ihn, am nächsten Morgen muss er um 8.30 Uhr schon wieder auf dem Eis stehen. Wer eine große Karriere auf dem Schläger hat, hat eben einen sehr dichten Terminkale­nder.

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Getty Images Sicherer Stand, gute Stocktechn­ik, den Blick für den Puck: Marco Rossi begeistert in Ottawa.

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