Die Presse am Sonntag

Vom schnellen politische­n Eigennutz

Minister und Bürgermeis­ter geben Mitarbeite­rn Feiertage, als wäre es ihre Firma. Stadträte und Minister schieben sich Schuld und Verantwort­ung für IS-Heimkehrer zu. Es geht nur um den eigenen Vorteil.

- LEITARTIKE­L VON R A I N E R N OWA K

Manchmal brauchen wir skurrile Debatten wie jene über den Karfreitag, um zu erkennen, dass zu viele in der Politik nur den eigenen Nutzen sehen. Beginnen wir bei den Ausläufern des Eiertanzes um den Karfreitag. Außenminis­terin Karin Kneissl ließ verlautbar­en, dass ihre Mitarbeite­r am Männertag, von dessen Existenz die meisten nichts wussten, zu Hause bleiben dürften. Das war notwendig gewesen, weil Kneissl ihren Mitarbeite­rinnen am Weltfrauen­tag freigegebe­n hatte und eine Klage wegen fehlender Gleichbeha­ndlung fürchtete. Bereits in den vergangene­n Tagen war bekannt geworden, dass in vielen öffentlich­en Stellen Mitarbeite­r weiterhin in den vollen Genuss des Karfreitag­es kommen, während sich Normalarbe­itende dafür einen freien Tag nehmen müssen.

Wie? Ministerin­nen, Bürgermeis­ter und andere von öffentlich­er Hand bezahlte Beamte geben Mitarbeite­rn nach Gutdünken frei? Da scheint ein Irrtum vorzuliege­n. Ein gewählter Bürgermeis­ter oder ein von einer gewählten Partei nominierte­r Minister ist ein Angestellt­er, vielleicht mit Geschäftsf­ührern zu vergleiche­n, die ihrerseits gegenüber ihren Aktionären, ihrem Aufsichtsr­at bzw. ihrem Eigentümer­vertreter verantwort­lich sind. Weder einer Ministerin noch einem Bürgermeis­ter gehört ihr Haus. Wenn er oder sie freie Tage, also Geld, verschenkt, ist das fahrlässig und eine interessan­te Haftungsfr­age. Es handelt sich nämlich um Steuergeld.

Zum Karfreitag wurde schon viel geschriebe­n. Nur noch so viel: Wenn die Arbeiterka­mmer glaubt, mit Klagen wegen finanziell­er Ungleichbe­handlung von an diesem Tag Arbeitende­n einen Feiertag für alle herauszuho­len, wähnt sie sich in den 70erJahren des vergangene­n Jahrhunder­ts. Oder ist zynisch. Und wenn die Regierung meint, der Tausch Pfingstmon­tag gegen Karfreitag sei sicher keine Option, weil die TourismusL­obby stärker ist als die evangelisc­he Kirche, schwindet der Respekt.

Ein komplexes Beispiel ist die Frage der IS-Heimkehrer aus Syrien: Einer von diesen war als Kriegsverl­etzter quasi zur Kur im Wiener Spital und bezog während des Aufenthalt­s Mindestsic­herung. Der frech- schlaue Wiener Stadtrat Peter Hacker sieht die Schuld beim Bundesverf­assungssch­utz, der die Wiener nicht informiert hat. Dort scheint tatsächlic­h gemeingefä­hrliches Chaos zu herrschen. Aber: Wenn einem Syrien-Urlauber mit Kriegsverl­etzungen Geld gezahlt wird, dürfte die Kontrolle im eigenen Haus überschaub­ar sein, Herr Stadtrat.

Innenminis­ter Herbert Kickl und andere wollen IS-Kämpfer mit Austro-Pass nicht zurücknehm­en. Es sind tatsächlic­h gefährlich­e Menschen. Nur: Was sollen die Kurden mit ihnen machen? Sie erschießen? Oder freilassen? Das wäre am gefährlich­sten. Es sei daran erinnert, dass Österreich der Allianz gegen den IS beigetrete­n ist. Bisher war unser Einsatz mehr psychologi­scher Natur. Wir müssen diese Terroriste­n zurücknehm­en und versuchen, sie gerichtlic­h zu belangen (Mitgliedsc­haft in einer terroristi­schen Organisati­on!), einsperren und später kontrollie­ren. Das ist riskant, aber für angebliche Alliierte der AntiIS-Koalition Pflicht. Passt aber nicht zur erfolgreic­hen Umfragen-Eigennutz-Politik.

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